Wolfsburg Justiz ermittelt wegen Osterloh-Gehalt

Wolfsburg · VW-Manager sollen dem Betriebsratschef zu viel Gehalt genehmigt haben. Die Frage ist: Wie viel ist eigentlich gerecht?

Neuer Ärger für Volkswagen: Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt gegen vier aktuelle und ehemalige Spitzenmanager des VW-Konzerns wegen des Anfangsverdachts der Untreue. Im Fokus stehen angeblich Konzern-Personalvorstand Karlheinz Blessing, dessen Vorgänger Horst Neumann sowie der Personalchef der Marke VW, Martin Rosik, und Vorgänger Jochen Schumm. Offenbar gab es eine Anzeige gegen sie.

Dem Vernehmen nach wird ihnen vorgeworfen, Betriebsratschef Bernd Osterloh ein zu hohes Gehalt genehmigt zu haben. Sowohl Betriebsrat als auch Unternehmen widersprechen den Vorwürfen. Ein VW-Sprecher sagte, man gehe davon aus, dass das Gehalt mit den rechtlichen Vorgaben im Einklang stehe.

Um wie viel es genau geht, ist unklar. Das Unternehmen wollte sich dazu nicht äußern. Osterloh sagte der "Braunschweiger Zeitung", seine derzeitige Vergütung liege bei einem Grundgehalt von etwa 200.000 Euro pro Jahr. Hinzu kämen Boni, wie sie auch Mitglieder des Managements in Abhängigkeit vom Geschäftserfolg erhalten. "In der Spitze lag damit mein Jahresgehalt einmal bei rund 750.000 Euro. Aktuell ist es deutlich niedriger", betonte Osterloh mit Blick auf die zuletzt gesunkenen Prämien auch für Tarifmitarbeiter.

Der VW-Betriebsrat teilt dazu mit: "Bernd Osterloh steht an der Spitze unseres Gesamt- und Konzernbetriebsrats. Er wird vergleichbar zu Bereichsleitern vergütet." Damit wird eine Position im höheren Management bezeichnet. Hinzu kommen Bezüge für seine Tätigkeit als Aufsichtsrat. Laut Geschäftsbericht bekam Osterloh dafür im vergangenen Jahr insgesamt 251.250 Euro, von denen er allerdings den Großteil an die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung abführen musste. So sieht es jedenfalls die entsprechende Richtlinie des Deutschen Gewerkschaftsbundes vor.

Doch wie viel Gehalt ist angemessen für den Betriebsratschef des größten Auto-Konzerns Europas?

Die Antwort ist kompliziert. "Ich halte es für extrem schwierig, den Nachweis für eine unangemessene Vergütung wirklich zu erbringen", sagt der Arbeitsrechtler Michael Kliemt. Denn im Betriebsverfassungsgesetz heißt es lediglich: "Betriebsräte dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden; dies gilt auch für ihre berufliche Entwicklung."

Doch wo säße jemand wie Osterloh heute, wenn er nicht 1990 in den Betriebsrat gewechselt wäre? Aktuell gilt er als einer der mächtigsten Macher in Wolfsburg, ohne dessen Zustimmung wenig geht. Doch wäre diese Karriere auch außerhalb der Arbeitnehmervertretung möglich gewesen? "Hätte er zuletzt das Angebot, Personalvorstand des Konzerns zu werden, angenommen, wäre seine Vergütung heute um ein Vielfaches höher", heißt es im Betriebsrat: "Stattdessen hat er sich dafür entschieden, sich weiterhin für die Belegschaften einzusetzen." Im vergangenen Jahr verdiente der VW-Personalvorstand knapp 5,3 Millionen Euro.

Osterloh war ein Kandidat für die Nachfolge von Horst Neumann - und hätte er die Stelle gewollt, hätte er sie bekommen, denn die Gewerkschaft IG Metall hat das traditionelle Vorschlagsrecht für den Posten. Doch Osterloh winkte ab: kein Interesse. Vielleicht auch, weil er wusste, dass dieser Wechsel im Jahr 2015 nicht nur mit Annehmlichkeiten verbunden sein würde. Denn nach Bekanntwerden des Abgasskandals war klar, dass die finanziellen Folgen auch Einsparungen beim Personal - etwa bei den Leiharbeitern - zur Folge haben würden.

Stattdessen rückte ausgerechnet jener Karlheinz Blessing an die Spitze, gegen den nun offenbar ermittelt wird. Bevor dieser im Dezember 2015 den Posten übernahm, war er Chef beim Saarländer Stahlkocher Dillinger Hütte. Schon damals galt er als durchsetzungsstark, aber eher leise im Auftritt. Auch bei Volkswagen fiel er dadurch auf, dass er Konflikte wie den zwischen Osterloh und VW-Markenchef Herbert Diess schlichtete. Nun steht Blessing plötzlich selbst im Fokus.

(frin)
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