Pier Paolo Righi "Karl ist unwahrscheinlich authentisch"

Der Vorstandschef der Marke "Karl Lagerfeld" verrät, wie viel vom Mode-Zar in der Mode steckt, warum Düsseldorf ein hervorragender Standort für ein Geschäft ist und wie der Start-Designer als Chef ist.

Düsseldorf Ob er nun gestern 80 Jahre alt geworden ist oder nicht - darüber wird noch immer gerätselt. Klar ist jedenfalls, dass Mode-Designer Karl Lagerfeld weiter mächtig Gas gibt: In Düsseldorf auf der Kö hat nach Berlin und Hamburg binnen weniger Wochen der dritte Karl Lagerfeld-Shop in Deutschland eröffnet. Verantwortlich für den Erfolg der Geschäfte ist Pier Paolo Righi. Der in Stuttgart geborene Deutsch-Italiener ist seit 2011 Chef der Marke. Im Gespräch berichtet der 48-Jährige, der aus der Sportartikel-Branche kommt und früher für Nike gearbeitet hat, von Expansions-Plänen und seiner Freundschaft zu "Karl".

Herr Righi, in Düsseldorf haben Sie in der Kö-Galerie mit dem 200 Quadratmeter großen Laden die neue Generation der Karl Lagerfeld-Stores eingeläutet. Wie wichtig ist dieser Standort für die Marke?

RIGHI Von Anfang an war klar, dass wir in Deutschland und Paris starten, in den Kernmärkten, in denen Karl zu Hause ist. Da Düsseldorf schon immer ein eindeutiger Modeplatz war, hier vor allem auch internationales Publikum stark vertreten ist, haben wir lange nach dem passenden Standort gesucht. 1a-Adressen sind hier rar, denn Düsseldorf hat sich, ich denke nur an den Kö-Bogen, in den vergangenen zehn Jahren super entwickelt. Die Stadt hat nicht geschlafen und ist deshalb heute für internationale Marken und für Kunden aus aller Welt ein so attraktiver Magnet.

Für welche Zielgruppe ist die Marke, die den Namen des Stardesigners trägt, gedacht?

RIGHI Karl denkt an ein breiteres Publikum. Wir wollen die Mode einer der weltweit größten Design-Ikonen für alle zugänglich und erschwinglich machen. Bei uns kostet zum Beispiel eine Ledertasche 295 Euro, bei Chanel ist sie zehnmal so teuer.

Lagerfeld tanzt auf 1000 Hochzeiten, wie viel Karl steckt denn eigentlich in seiner eigenen Marke?

RIGHI Jede Menge, er ist der Kreativ-Direktor. Alles - von der Mode bis zum Erscheinungsbild des Ladens - geschieht unter seiner Führung. Karl weiß genau, was er will, er gibt die Richtung vor und jegliche Aktivität der Marke läuft unter seiner Leitung. Für die Kollektion haben wir ein großes Design-Team in Amsterdam und in Paris im Saint-Germain. Dort habe ich auch mein Büro direkt neben Karls, die Türen sind offen, wir tauschen uns ständig aus. Erst letzte Woche ist er aus seinem Urlaub in Südfrankreich mit neuen Skizzen für Taschen zurückgekommen.

Auf der Hitliste standen bisher Schuhe ganz oben, werden Taschen die neuen Lieblinge der Frauen?

RIGHI Zu unseren Kundinnen zählen die 20-jährige modeaffine Studentin und die 50-jährige Chanel-Konsumentin. Taschen kann sich jeder kaufen - unabhängig vom Alter oder der Kleidergröße. Und wir können so eine viel größere Zielgruppe bedienen. Ich sage immer: Taschen sind eine sehr dankbare Kategorie. Unser Umsatz hat sich in den vergangenen zwei Jahren verdreifacht.

Die Karl Lagerfeld Gruppe, zu der Anteilseigner aus der Modeindustrie und das britische Investment-Unternehmen Apax Partners gehören, hat inzwischen 18 eigene Läden, darunter in China, Korea und im Mittleren Osten, und 20 Franchisepartner. Warum forcieren Sie in Zeiten von E-Commerce so stark den Einzelhandel?

RIGHI Über unsere Stores wollen wir das Profil der Marke schärfen. Zum einen wollen Kunden die Marke auch physisch erleben. Zum anderen kann man keine Franchise-Läden betreiben, ohne zu wissen, was in den eigenen Läden passiert. Gerade Standorte wie die Kö in Düsseldorf, St. Germain in Paris oder die Regent's Street in London können wir nicht mit einem Partner machen. Bis 2020 ist geplant, neben weltweit 50 weiteren eigenen Geschäften bis zu 150 mit Partnern zu eröffnen.

Wie sieht es mit dem Online-Geschäft aus?

RIGHI Wir verstärken unsere Social Media-Aktivitäten, haben mittlerweile über 1,5 Millionen Follower auf Instagram. Ein großer wichtiger Schritt für uns ist Anfang November der Launch des Online-Shops karl.com - zeitgleich in 97 Ländern, fünf Sprachen und vier Währungen.

Wann wagt Karl Lagerfeld den Sprung über den Teich?

RIGHI Im Frühjahr 2016 eröffnen wir in New York und bringen eine speziell für die amerikanischen Businessfrauen entwickelte Kollektion in den Handel. Amerika hat für uns das Potenzial, in den nächsten drei Jahren der größte Markt zu werden.

Nach Schätzungen lag der Umsatz 2014 bei über 100 Millionen Euro. Wie ist die aktuelle Entwicklung?

RIGHI Wir verzeichnen ein Plus in zweistelliger Höhe. Ich halte es für realistisch, dass wir den Umsatz in fünf Jahren verdreifachen.

Sie legen ein ordentliches Tempo vor. 2016 kommt eine Kollektion für kleine "Karls" und "Karlas" und 2017 soll in Macau das erste von Lagerfeld entworfene Luxushotel entstehen. Gibt es überhaupt etwas, das sich nicht unter dem Markennamen vermarkten lässt?

RIGHI (lacht) Karls Strahlkraft ist enorm, weil er unwahrscheinlich authentisch ist. Das mag paradox klingen, weil er ja wie eine Kunstfigur aussieht, aber das ist original Karl. Er sagt, was er denkt. Er macht, was er will - ungeachtet jeglicher Norm. Das kommt in der heutigen Zeit bei 15-Jährigen genauso gut an wie bei 65-Jährigen. Und ganz wichtig: Karl erfindet sich immer wieder neu. Stillstand kennt er nicht.

DAS GESPRÄCH FÜHRTE DAGMAR HAAS-PILWAT

(RP)
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