Nach Übernahme von Berggruen Was René Benko mit Karstadt machen könnte

Essen · Nach der Übernahme durch Signa stellt sich die Frage, wie es mit den Warenhäusern weitergeht. Das Warenhaus "Tyrol Innsbruck" oder das "Sevens" in Düsseldorf könnte ein Vorbild sein. Was aus dem Unternehmen wird, ist offen. Einem Bericht zufolge droht mehreren Häusern allerdings die Schließung.

 Das neue Gesicht von Karstadt ist das von René Benko, dessen Familie Eigentümer der Signa Holding ist.

Das neue Gesicht von Karstadt ist das von René Benko, dessen Familie Eigentümer der Signa Holding ist.

Foto: dpa, hef pt

Der letzte Akt war nur noch Vollzug. "Die Signa Retail GmbH wird zu Beginn der kommenden Woche die Karstadt Warenhaus GmbH vollständig von der Berggruen Holdings übernehmen", steht in der Mitteilung, die die österreichische Signa-Gruppe am Freitag verschickte.

Damit ist der bisherige Eigentümer Nicolas Berggruen raus — raus aus dem Warenhaus-Geschäft, raus aus den Immobilien, raus auch aus seinem Rest-Anteil, den er noch am Geschäft der Sport- und Premiumhäuser hielt. Das neue Gesicht von Karstadt ist das von René Benko, dessen Familie Eigentümer der Signa Holding ist.

Benko ist vor allem Immobilien-Unternehmer. Dieser Umstand prägt die Diskussion über die Frage, was aus den Karstadt-Warenhäusern werden könnte. "Schauen Sie sich das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck an oder das Sevens in Düsseldorf, dann wissen Sie, was aus Karstadt werden könnte", sagt ein Insider.

Was er meint: An die Stelle der traditionellen Warenhäuser könnten große Einkaufspassagen rücken, mit vielen kleinen Geschäften. Shopping-Malls, in denen auf Dauer für Karstadt in der aktuellen Form kein Platz wäre. Viele kleine Unternehmen mit Mietverträgen statt der Abhängigkeit von einem einzelnen großen Mieter. Das macht das Geschäft mit der Mall für den Betreiber und seine Investoren einfacher, weil risikoärmer.

15 bis 20 Häusern droht die Schließung

Wie die "Süddeutsche Zeitung" am Samstag unter Berufung auf das Umfeld des neuen Eigentümers berichtete, will der Karstadt-Aufsichtsrat am kommenden Donnerstag über ein Sanierungskonzept beraten. Mittelfristig könnten "15 bis 20 Häuser" geschlossen werden, hieß es demnach. Vorher solle jedes Haus auf seine Rentabilität geprüft werden. Wie die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf Benkos Umfeld weiter berichtete, will der Unternehmer "zehn Jahre oder mehr" dabeibleiben und dabei auch in das Unternehmen investieren. Demnach plant er, Markenhändler als zusätzliche Mieter in Karstadt-Häuser zu holen und sie zu größeren Shopping-Zentren umzubauen

Hat das Traditionsunternehmen Karstadt also auf Dauer keine Chance mehr? Gerrit Heinemann, Handelsexperte und Professor an der Hochschule Niederrhein, denkt, dass der Konzern einen Investitionsstau von 1,5 Milliarden Euro vor sich herschiebt. "Das Warenwirtschaftssystem bei Karstadt ist veraltet. Allein die Erneuerung würde bestimmt 300 Millionen Euro kosten.

Und wenn man gewährleisten will, dass Kunden online die Verfügbarkeit aller Warenbestände in allen Filialen prüfen können sollen, ist man schon bei Aufwendungen für die Digitalisierung von etwa 500 Millionen Euro", schätzt Heinemann. Zudem würden horrende Kosten darauf entfallen, die Filialen im stationären Handel zu modernisieren. Das könnte allein eine milliardenschwere Investition werden, schätzt Heinemann.

Ob René Benko bereit ist, dieses Geld in die Karstadt-Sanierung zu stecken? 300 Millionen Euro hat er damals bei der Übernahme der Mehrheit an den 28 Sport- und den drei Premiumhäusern zugesagt, 200 Millionen Euro sind schon geflossen. Der Einsatzzweck für den Rest ist noch offen.

Angst vor weiteren Stellenstreichungen

Wird der große, alte Warenhauskonzern noch mal klein geschnitten? Viele befürchten, dass es noch einmal tiefe Einschnitte in die Belegschaft geben könnte. Doch dazu gibt es vorerst keine Aussagen vom neuen Eigentümer. "Die Karstadt Warenhaus GmbH braucht von allen Beteiligten volle Konzentration auf die gemeinsame Sache und muss raus aus den Medien und der zermürbenden öffentlichen Diskussion. Deswegen werden wir auch in nächster Zeit keine Wasserstandsberichterstattung betreiben oder weitere mediale Ankündigungen durchführen, sondern uns innerhalb des Unternehmens ausschließlich auf die Sachthemen wie Sanierung und die Zukunftsfähigkeit der Karstadt Warenhaus GmbH konzentrieren", sagt Wolfram Keil, Geschäftsführer der Signa Retail GmbH.

Die Angst in der Belegschaft dürfte indes kaum sinken. Die jüngste Ankündigung von Aufsichtsratschef Stephan Fanderl, es drohten weitere Einschnitte in das Filialnetz, hat neue Alarmstimmung ausgelöst. Schon vor einigen Wochen hatte sich Betriebsratschef Hellmuth Patzelt im Gespräch mit der "Bild am Sonntag" empört: ""Wir lassen uns nicht einfach von unserer Geschäftsleitung eine Liste von Häusern vorlegen, die eventuell geschlossen werden sollen. Wir haben die Unternehmensleitung aufgefordert, unverzüglich die Sanierungspläne auf den Tisch zu legen."

Das wird möglicherweise am kommenden Donnerstag passieren, wenn die Vorstands-Doppelspitze aus Kai-Uwe Weitz und Miguel Müllenbach dem Aufsichtsrat die Strategie präsentiert. Würde man Fanderls Zahlen einfach hochrechnen, womöglich jede vierte Filiale schließen und die daraus entstehenden Personalkosten hochrechnen, käme man leicht auf mehrere hundert Millionen Euro. Da sind die Kosten dafür, dass das Unternehmen sich teilweise aus langfristigen Mietverträgen befreien müsste, noch nicht einmal eingerechnet.

(RP)
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