Essen Karstadts Woche der Entscheidungen

Essen · Heute und morgen verhandelt das Management mit der Gewerkschaft Verdi über den Tarifvertrag; am Donnerstag präsentiert der Warenhauskonzern sein Sanierungskonzept - mit abermals heftigen Einschnitten in die Belegschaft.

 Immobilien-Milliardär Rene Benko ist der neue Eigentümer von Karstadt.

Immobilien-Milliardär Rene Benko ist der neue Eigentümer von Karstadt.

Foto: dpa, hef pt cdt

Stellenabbau allein macht noch kein Konzept für die Zukunft aus. Aber immer dann, wenn in einem Konzern von Sanierung die Rede ist, ist dies auch gleichbedeutend mit dem Wegfall weiterer Jobs. Beim Essener Warenhauskonzern Karstadt könnten dies 2000 der noch existierenden 17 000 Arbeitsplätze sein. Das ist die Größenordnung, über die seit längerer Zeit spekuliert wird, ebenso wie über 23 Niederlassungen, die eine letzte Bewährungfrist erhalten sollen, ehe sie im schlechtesten Fall geschlossen würden. 23 von 83 - das wäre also mehr als ein Viertel der Warenhäuser. Eine Perspektive, die erneut schmerzhafte Einschnitte in die Karstadt-Belegschaft bedeuten würde. Am Donnerstag will das Unternehmen in der Aufsichtsratssitzung das Zukunftskonzept für den Konzern präsentieren, und damit wird vermutlich manche bislang düstere Vision zur traurigen Gewissheit.

Dass sich der Aufsichtsratsvorsitzende Stephan Fanderl an diesem Tag angeblich als Kandidat für die Besetzung des Chefpostens im Vorstand zur Verfügung stellen will, passt ins düstere Bild. Vermutlich finde Karstadt keinen renommierten Handelsexperten mehr, der den Job machen wolle, heißt es in Handelskreisen, und deshalb müsse jetzt der frühere Rewe-Manager Fanderl ran. Der Südafrikaner Andrew Jennings gab den Posten an der Karstadt-Spitze nach drei Jahren auf, seine Nachfolgerin, die Schwedin Eva-Lotta Sjöstedt, nach kaum fünf Monaten. Die ehemalige Ikea-Managerin warf die Brocken hin, weil sie von der Erkenntnis frustriert war, dass mit dem damaligen Eigentümer Nicolas Berggruen eine konstruktive Zukunftsplanung für Karstadt nicht möglich schien.

Hat Karstadt unter Berggruens Nachfolger René Benko eine Zukunft? Das neue Konzept könnte die Trennung von Edel-Kaufhaus auf der einen und einer Art Nahversorgungs-Karstadt auf der anderen Seite beinhalten. Was die erste Kategorie angeht, sind neben den bereits bestehenden Premium-Häusern in Berlin (KaDeWe), Hamburg (Alsterhaus) und München (Oberpollinger) angeblich Standorte wie Düsseldorf, Köln, Frankfurt und Dresden als Luxusmeilen im Gespräch. Die zweite Gruppe würde Häuser beinhalten, in denen Karstadt auf kleiner Fläche so etwas wie den täglichen Bedarf anbieten könnte. Dafür braucht es aber das Entgegenkommen von Vermietern, die teils laufende Mietverträge über weitaus größere Flächen mit Karstadt haben, und von Lieferanten, weil Karstadt sein Sortiment teils drastisch klein schneiden muss, was die bisherigen Umsätze der Lieferanten schrumpfen lassen würde.

Nur wenn das alles funktioniert, wird Benko vielleicht längerfristig bei der Stange bleiben. "Von einem rationalen Finanzinvestor finanzielle Unterstützung zu erwarten, wenn man ihm nicht zeigen kann, ob und wie sich diese rentiert, ist müßig und in der Regel erfolglos", hatte Fanderl jüngst der FAZ gesagt.

Deshalb geht es auch nicht ohne einen abermaligen Stellenabbau, der heute und morgen bei den Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft Verdi ein großes Thema sein wird. Verdi geht es um Garantien und um eine klare Strategie mit Perspektiven,. "Wir wollen eine Standort- und Beschäftigungssicherung, und wir verlangen ein klares langfristiges Konzept für alle Unternehmensteile, damit die Mitarbeiter wissen, woran sie sind", sagte gestern Verdi-Verhandlungsführer Arno Peukes unserer Zeitung. Die Unternehmensführung habe das Unternehmen in drei Teile (Warenhäuser, Sporthäuser, Premiumhäuser) geteilt, jetzt müsse es auch für alle Teile ein eigenständiges Konzept geben, forderte Gewerkschafter Peukes.

Das ist vermutlich das größere Anliegen der Arbeitnehmer-Vertreter. Das, worüber sie vor Monaten eigentlich zu verhandeln angefangen haben, nämlich die Rückkehr in den Tarifvertrag, scheint auf absehbare Zeit beinahe undenkbar. Ein Verzicht der Arbeitnehmer auf diese Tarifbindung gehört mit Sicherheit zu den zentralen Bedingungen, die das Karstadt-Management stellt.

(RP)
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