EuGH gibt EZB grünes Licht für Euro-Rettungskurs Alles andere hätte den Euro verletzt

Meinung | Berlin · Der EuGH stärkt die Europäische Zentralbank (EZB) und den Mann an ihrer Spitze: Der oberste europäische Gerichtshof hat entschieden, dass EZB-Präsident Mario Draghi im Sommer 2012 seine Befugnisse nicht überschritten hat, als er unbegrenzte Staatsanleihekäufe ankündigte, um den Euro gegen spekulative Attacken zu verteidigen. Alles andere als diese Entscheidung wäre ein Desaster für die Euro-Zone gewesen: Ein Urteil, das das Handeln Draghis nachträglich infrage gestellt hätte, hätte an den Märkten sofort zu heftigen Reaktionen geführt. Neue Attacken auf den Euro wären denkbar gewesen.

EZB: Der Werkzeugkasten der Zentralbank
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Foto: dpa, dan cul vfd

Warum? Draghi hatte im Sommer 2012 erklärt, die EZB würde alles tun ("whatever it takes"), um den Euro zu retten. Erst diese Ankündigung hatte die Anleger überzeugt, spekulative Attacken auf einzelne Euro-Länder konnte Draghi eindämmen. Es blieb bei seiner bloßen Ankündigung, OMT wurde nie in die Tat umgesetzt. Es war wohl die wirkungsvollste verbale Intervention eines Geldpolitikers, die es in Europa jemals gegeben hatte.

Dennoch ist es gut und richtig, dass Verfassungsrichter das Handeln der EZB überprüfen. Aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts hatte Draghi mit dieser Ankündigung vom Sommer 2012 seine Befugnisse überschritten. Im Grundgesetz festgeschrieben ist die Unabhängigkeit der Notenbank von politischen Weisungen. Diese Vorschrift findet sich auch in den EU-Verträgen, die mit dem Grundgesetz korrespondieren.

Als Preis für die Unabhängigkeit ist es der EZB aber untersagt, sich direkt an der Finanzierung von Euro-Staaten zu beteiligen und sich in ihre Finanzpolitik direkt einzumischen. Diese Vorschrift wurde in die EZB-Satzung aufgenommen. Das Verfassungsgericht sah durch das OMT-Programm einen Verstoß gegen diese Vorschrift — und legte dem EuGH die Sache zur Prüfung vor.

Wichtig wird nun sein, wie das Bundesverfassungsgericht mit dem EuGH-Urteil umgeht: Schließt es sich dem Luxemburger Gerichtshof an oder kommt es zu einem anderen, eigenen Ergebnis? Letzteres ist nicht unwahrscheinlich. Dann käme es erneut zu einer Krisensituation für die Euro-Zone — nicht durch Griechenland, nicht wegen mangelnder fiskalischer oder wirtschaftspolitischer Disziplin anderer Euro-Mitglieder, sondern schlicht aufgrund umstrittener Verfassungsfragen.

(mar)
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