Essen Kommunen stellen RWE Bedingungen

Essen · Die Bundesregierung hat keine rechtlichen Bedenken gegen die geplante Aufspaltung des Konzerns. Kommunen und Gewerkschaften halten sich ihre Zustimmung im Aufsichtsrat noch offen. Verdi warnt RWE vor neuem Stellenabbau.

RWE-Chef Peter Terium hatte allen Grund zur Freude: Zwar war ihm am Dienstag die Regie entglitten und er musste die Aufspaltungspläne nach Veröffentlichung unserer Redaktion viele Tage früher als geplant publik machen. Doch die Börse honorierte die Nachricht mit einem Kurssprung bis zu 17 Prozent. Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte gestern, es habe keine rechtlichen Bedenken gegen die Aufspaltung. Der Umbau ändere nichts an der Verantwortung für die nuklearen Entsorgungskosten. Das "Handelsblatt" feierte Terium gar als "Zauberer". Doch im Konzern schütteln viele den Kopf und fürchten, dass es eher fauler Zauber ist.

Die vielen Probleme von RWE wie die niedrigen Strompreise lösten sich durch Auftrennung in zwei Teile nicht auf, erklärte die DZ Bank. "Es ist kein Automatismus, dass eins plus eins mehr als zwei ergibt", warnte Michael Schäfer von Equinet. RWE habe weiter hohe Schulden, durch die Abspaltung der neuen Tochter für Ökostrom, Netze und Vertrieb verwässerten sich die Sicherheiten für die Atom-Rückstellungen. Dadurch werde die Haftungsmasse für den Atomausstieg kleiner, warnten auch die Grünen. An der Börse gab die RWE-Aktie gestern leicht nach.

Die Kommunen, die 25 Prozent an RWE besitzen, halten es sich offen, ob sie dem Umbau auf der Aufsichtsrats-Sitzung am 11. Dezember zustimmen. Teriums Vorschlag sei derzeit nicht grundlegend zu bewerten, erklärte die Vereinigung der kommunalen RWE-Aktionäre. "Dafür fehlen uns maßgebliche Informationen." Die Kommunen stellen vier der 20 Vertreter im Aufsichtsrat.

Die Städte gelten als Verlierer der Aufspaltung, weil ihre RWE auf den Problemgeschäften Kohle und Atom sitzen bleibt, die zukunftsträchtigen Geschäfte aber in das neue Unternehmen gehen, an dem RWE nur noch bis zu 51 Prozent beteiligt sein soll. Nun versuchen die Städte, ihren Einfluss zu retten und den Preis für ihre Zustimmung hochzutreiben. Im Aufsichtsrat der neuen Gesellschaft beanspruchen sie laut kommunalen Kreisen einen Sitz, obwohl sie an dem Unternehmen gar nicht beteiligt sind. Zudem wollen sie die Latte bei Abstimmungen für eine künftige Kapitalerhöhung höher legen: Künftig soll eine Dreiviertel-Mehrheit nötig sein.

Mit Kapitalerhöhungen hatte RWE schon früher versucht, den Einfluss der Kommunen zu beschränken. Da sie diese in der Regel ungern oder gar nicht mitmachen (können), bedeutet jede Kapitalerhöhung eine Verwässerung der kommunalen Anteile.

Dass Organisationsfragen Machtfragen sind, wissen auch Gewerkschaften. Sie kämpfen darum, dass der Aufsichtsrat der neuen Gesellschaft 20 Plätze hat, von denen sie zehn besetzen. RWE will dagegen nur zwölf Mandate schaffen, davon sechs für nationale und internationale Gewerkschaftsvertreter. Auch hier kopiert RWE den Konkurrenten Eon, der 2012 seinen Aufsichtsrat verkleinert und so den Einfluss von Verdi und Co. beschnitten hat.

Verdi macht die Zustimmung zu Teriums Plänen davon abhängig, ob Mitbestimmungsrechte und Tarifbindung gewahrt bleiben. Einen zusätzlichen Jobabbau dürfe es nicht geben, mahnte Verdi-Vorstand Andreas Scheidt. Eine neues Sparprogramm hat Terium allerdings für die alte RWE schon angekündigt. Laut Gewerkschaftskreisen soll erneut ein hoher dreistelliger Betrag eingespart werden. Die Betriebsräte sind aufgebracht. Sie fühlen sich von Terium überrumpelt, wie es heißt. Zudem läuft das Abfindungsprogramm zum Jahresende aus. Die von RWE angebotene Anschlussregelung lehnen die Betriebsräte ab, weil diese Betroffene finanziell schlechter stelle. Ein neues Organigramm haben teure Berater schnell gemalt. Jetzt muss Terium noch viele Antworten liefern.

(anh)
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