Lebensmittelhandel Noch nie zuvor gab es so viele Sonderangebote

Nürnberg · Gute Zeiten für Verbraucher: Der Konkurrenzkampf zwischen Aldi und Lidl heizt den Wettbewerb im Lebensmittelhandel weiter an. Der Rotstift regiert und lässt immer öfter die Preise purzeln.

 Noch nie gab es im Lebensmittelhandel so viele Sonderangebote wie heute.

Noch nie gab es im Lebensmittelhandel so viele Sonderangebote wie heute.

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Rabatt-Rekord: Noch nie hat es im deutschen Lebensmittelhandel so viele Sonderangebote gegeben wie im ersten Halbjahr 2015. Das geht aus einer Untersuchung der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) hervor.

Fast ein Fünftel der Umsätze mit Konsumgütern des alltäglichen Bedarfs - abseits der Frischetheken - sei in den ersten sechs Monaten im Rahmen von Rotstift-Aktionen erzielt worden, berichtete GfK-Handelsexperte Wolfgang Adlwarth am Freitag. Bei Markenprodukten entfielen demnach sogar 27,8 Prozent der erzielten Umsätze auf Sonderangebote - spürbar mehr als in den Jahren zuvor.

"Das Thema Preise beherrscht in diesem Jahr den Wettbewerb viel stärker als in den vergangen Jahren", sagt Adlwarth. Auslöser sei der Preiskampf zwischen den Discountern Aldi und Lidl. Aldi liste derzeit immer neue Markenartikel ein, um von dem in Deutschland zu beobachtenden Trend zum höherwertigen Konsum zu profitieren.

Lidl fühle sich dadurch angegriffen, erklärt Adlwarth. Das Unternehmen fürchte um sein bislang überragendes Preis-Image bei Markenartikeln und schlage zurück - was wiederum Aldi nicht ruhen lasse: "Das ist ein Kampf, der über Tiefstpreise ausgetragen wird."

Das Fachblatt "Lebensmittel Zeitung" sprach von einem "regelrechten Erdbeben", das die Marken-Listungen von Aldi ausgelöst hätten. Tatsächlich hat der Kampf der Giganten Auswirkungen auf den gesamten Lebensmittelhandel. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen laut GfK auch die klassischen Supermärkte und die Drogeriemärkte zumindest ein Stück weit mitziehen - etwa durch zusätzliche Sonderangebote. Und auch den kleineren Discountern bleibt nichts anderes übrig, als sich an den Marktführern zu orientieren.

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Die Markenhersteller sehen die Entwicklung mit Sorge. Der Deutschland-Chef des Konsumgüter-Riesen Unilever (Langnese, Knorr, Axe), Ulli Gritzuhn, verlangte erst kürzlich in einem Interview: "Der Wahnsinn muss ein Ende haben."

Die Preiskämpfe auf Kosten der Markenhersteller könnten die Unternehmen auf Dauer nicht verkraften. "Wir als Industrie und auch der Handel müssen einen Weg finden, wie wir die Wertvernichtung bei den Markenartikeln beenden können", verlangte Gritzuhn.

Auch Andreas Gayk, der Leiter Vertriebspolitik und Handelsbeziehungen beim Verband der Markenhersteller (Markenverband), ärgert sich über die aktuelle Entwicklung: "Das ist Wertvernichtung par excellence." Was da passiere, sei weder notwendig noch sinnvoll: "Wir würden es ausgesprochen begrüßen, wenn der Lebensmittelhandel Möglichkeiten finden würde, sich im Wettbewerb mit Konkurrenten anders als über simple Preismechanik zu profilieren."

Umsatzerfolge haben die aggressiven Rotstift-Aktionen den Discountern bislang ohnehin nicht gebracht. Laut GfK lagen die Erlöse der Billiganbieter im ersten Halbjahr um 0,7 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Die klassischen Supermärkte glänzten dagegen mit einem Wachstum von 2,8 Prozent. Insgesamt verhalf die Kauflaune der Verbraucher der ganzen deutschen Einzelhandelsbranche von Januar bis Juni laut Statistischem Bundesamt zu einem realen (preisbereinigten) Umsatzplus von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Dass der Wunsch der Markenhersteller nach einem baldigen Ende der Preiskämpfe im Lebensmittel-Geschäft in Erfüllung geht, glaubt Handelsexperte Adlwarth nicht: "Die Preisspirale wird sich wohl noch eine Weile weiterdrehen."

(dpa)
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