Berlin/Düsseldorf Kraftfahrtbundesamt hilft bei Rückruf

Berlin/Düsseldorf · Nachdem verkündet wurde, dass 2,4 Millionen VW-Diesel umgerüstet werden müssen, warnen Experten vor langen Wartezeiten. Autos, die nicht umgerüstet werden, droht die Stilllegung. Der Staat gibt Halter-Adressen an VW.

2,4 Millionen in Deutschland fahrende VW-Diesel müssen bekanntermaßen wegen manipulierter Diesel-Motoren nächstes Jahr umgerüstet werden - die größte Reparaturaktion in der deutschen Autogeschichte. Wir beantworten Fragen zu der Aktion. Was droht Autohaltern, die ihren Wagen nicht umrüsten lassen? Der Halter ist per Gesetz verpflichtet, seinen Wagen in die Werkstatt zu bringen. Sucht er kein Autohaus auf und lässt die illegale Software oder notwendige Teile nicht austauschen, verliert das Fahrzeug auf Dauer die Betriebsgenehmigung. Wann und wie das genau geschieht, ließ das Kraftfahrtbundesamt aber gestern noch offen. Was geschieht mit gebraucht gekauften Wagen? Das Verfahren bei den Erstbesitzern der vom "Dieselgate" betroffenen Fahzeuge ist geklärt: Sie werden von VW angeschrieben und müssen ihre Fahrzeuge umrüsten lassen. Halter, die ein betroffenes Fahrzeug von einer anderen Privatperson gebraucht gekauft haben, wird das Kraftfahrtbundesamt ermitteln und deren Adressen dann an VW übergeben. "Auch wer ein betroffenes Fahrzeug gebraucht von privater Hand gekauft hat, kann abwarten, bis er angeschrieben wird", so eine ADAC-Sprecherin. Gewährleistungsansprüche an den Privatverkäufer hat der Zweitbesitzer aber nicht. "Denkbar sind allenfalls Ansprüche an den Hersteller, etwa in Bezug auf die Übernahme der Kosten der Umrüstung. Aber die werden ja ohnehin übernommen", so die Expertin. Worauf müssen Weiterverkäufer achten? Wer jetzt ein betroffenes Fahrzeug weiterverkaufen will, sollte zur Sicherheit im Kaufvertrag auf die Besonderheit hinweisen. "Es ist zwar unwahrscheinlich, dass es wirklich eine juristische Hinweispflicht gibt, weil das Thema inzwischen als allgemein bekannt angenommen werden kann. Aber sicher ist sicher", so der ADAC.

Zu lange sollten aber auch Kunden, die einen Gebrauchtwagen mit der Schummelsoftware von einem Händler gekauft haben, nicht warten. Dazu der Automobilclub von Deutschland (AvD): "Da ein solcher Anspruch dem Kaufvertragsrecht zuzuordnen ist, sind auch Fristen zu beachten: Geltendmachung innerhalb von zwei Jahren bei neuen und ein Jahr bei gebrauchten Kfz." Wird es Engpässe bei den Werkstätten geben? Das ist zu befürchten. Nach VW-Angaben gibt es bundesweit 2173 Volkswagen-Partner, die für den Rückruf autorisiert sind. Damit ergeben sich mit den rund 2,4 Millionen zurückgerufenen Dieseln 1100 Fahrzeuge pro Werkstatt. Branchen-Insider gehen von durchschnittlich mindestens 90 Minuten Arbeitszeit pro betroffenem Wagen aus. Damit ergeben sich gut 200 Arbeitstage nur für den Rückruf in einer Werkstatt. Je nach Personalschlüssel und Kapazitäten bräuchte also jeder Servicepartner von Volkswagen etliche Wochen für die Aktion. "Das muss aber neben dem normalen Tagesgeschäft gewuppt werden", gibt ein Experte zu bedenken. Damit seien lange Wartezeiten absehbar. Sind Gruppenklagen gegen den Konzern zu erwarten? Die Grünen verlangen solche Klagen schon jetzt. "Wir fordern die Einführung eines Gruppenverfahrens, bei dem sich Geschädigte vor Gericht zusammenschließen können, um ihre Schadenersatzansprüche gemeinsam durchzusetzen", erklärt Nicole Maisch, Sprecherin für Verbraucherpolitik der Partei im Bundestag. Sie fährt fort: "Das spart Gutachter- und Anwaltskosten und ermutigt die Verbraucher, ihr gutes Recht auch gegen ein Großunternehmen zu erkämpfen."

(RP)
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