Große regionale Unterschiede Zahl der Krankheitstage stark gestiegen

Berlin · Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland leiden an psychischen Störungen, auch chronische Rückenbeschwerden diagnostizieren Ärzte häufiger. Eine Studie der Betriebskrankenkassen deckt jedoch große regionale Unterschiede auf.

Die Zahl der bundesweit gemeldeten Arbeitsausfälle ist im vergangenen Jahr zum siebten Mal in Folge gestiegen. Die bei Betriebskrankenkassen (BKK) pflichtversicherten Beschäftigten waren 2013 durchschnittlich an 17,6 Tagen krankgeschrieben - das Fünffache der durchschnittlichen Fehltage im Jahr 2006. Das ist ein wesentliches Ergebnis des Gesundheitsreports 2014, den der BKK-Dachverband gestern in Berlin vorgestellt hat.

Als Ursache sieht die BKK vor allem eine Zunahme chronischer Muskel- und Skeletterkrankungen wie Rückenschmerzen. Ein Viertel aller Fehlzeiten sind allein solchen Diagnosen geschuldet. Allerdings registriert die BKK auch immer häufiger Burnoutfälle und Depressionen bei den Versicherten. Und zur hohen Zahl der Fehlzeiten habe zudem die Grippewelle im Frühjahr 2014 beigetragen, hieß es gestern. Dazu passt die recht lange Dauer je Krankheitsfall: Bei durchschnittlich 17,8 Ausfalltagen bundesweit, blieben die betroffenen Menschen im Schnitt 13 Tage pro Fall der Arbeit fern.

Auffällig ist bei den Krankmeldungen aber vor allem ein starkes, regional abhängiges Gefälle. So fehlten die Menschen im Osten Deutschlands häufiger bei der Arbeit als im Rest der Republik. Spitzenreiter waren Brandenburg mit 21,9 Ausfalltagen je Pflichtmitglied und Sachsen-Anhalt mit 21,6 Tagen. Die wenigsten Fehlzeiten gab es krankheitsbedingt hingegen in den südlichen Bundesländern Baden-Württemberg mit 15,4 und in Bayern mit 16,1 Tagen im Jahr. Nordrhein-Westfalen landete mit 18,3 Fehltagen auf einem etwas überdurchschnittlichen Platz, ebenso Rheinland-Pfalz mit insgesamt 19,8 Ausfalltagen.

Zu erklären sind die regionalen Unterschiede nach BKK-Angaben mit verschiedenen Faktoren wie dem durchschnittlichen Alter der Versicherten in der Region, den dort vorherrschenden Einkommensverhältnissen sowie den ansässigen Branchen und Wirtschaftssektoren (Dienstleistungen oder Industrie).

Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes, machte daher auf den Zusammenhang zwischen Alter und den Ausfalltagen aufmerksam: Weil im Osten vergleichsweise viele ältere Versicherte leben, und die Menschen bei zunehmendem Alter auch häufiger bei der Arbeit fehlen, bestehe dieser Zusammenhang.

Wissenschaftlich belegbare Gründe für regionale Unterschiede bei den psychischen Erkrankungen konnte Knieps hingen noch nicht nennen. Das sei Aufgabe für künftige Forschungen, sagte der BKK-Verbandschef. So lassen die Daten etwa einen Zusammenhang zwischen der Arztdichte und der Anzahl von Krankheitsfällen vermuten. Knieps verwies als Beispiel auf Sachsen-Anhalt mit vergleichsweise wenigen Fällen von psychischen Störungen und einer "geringen Dichte von Anbietern", die bei solchen Erkrankungen helfen.

Insgesamt äußerte er sich beunruhigt über die rasante Zunahme psychischer Störungen. Die Zahl der Fehltage habe sich hierbei seit 1976 bis zum vergangenen Jahr mehr als verfünffacht, sagte Knieps.

Während in NRW und in Rheinland-Pfalz überdurchschnittliche Anteile an psychischen Diagnosen zu erkennen seien, wies Schlesweig-Holstein demnach die mit Abstand meisten Ausfalltage bei psychischen Erkrankungen im vergangenen Jahr aus; die wenigsten Fehlzeiten gab es nach BKK-Angaben in Baden-Württemberg. Auffällig sei die Hansestadt Hamburg gewesen, sagte Knieps, die bei psychischen Erkrankungen unter den Bundesländern vordere Plätze einnahm, aber bei anderen Erkrankungen unter dem Bundesdurchschnitt lag.

Für das laufende Jahr zeichnet sich unterdessen eine leichte Entspannung ab. Demnach sanken wegen der ausgebliebenen Grippewelle die Fehlzeiten im ersten Quartal 2014 um 14,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, hieß es bei der BKK. Unverändert angespannt bleibt die Lage bei den Krankmeldungen wegen psychischer Störungen: ein Plus von 2,3 Prozent bisher.

(jd)
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