Düsseldorf Kreditvertrag: Letzte Chance auf Widerruf

Düsseldorf · Am 21. Juni läuft die Frist für jene ab, die aus Krediten aussteigen wollen, bei denen die Bank sie falsch belehrt hat.

Wenn jemand beim Kartenspiel noch einen Joker hat, dann kann er damit das Glück womöglich wenden. Deshalb ist der Begriff "Widerrufsjoker" bei alten Kreditverträgen passend gewählt. Er gibt manchem Käufer eines Immobilienkredits nämlich die Möglichkeit, aus seinem alten Vertrag auszusteigen, ohne die übliche Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen. Dies gilt dann, wenn der Kreditnehmer bei Abschluss des Vertrages nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.

Doch die Zeit drängt. Wer widerrufen kann, muss dies bis 21. Juni tun. Ein paar wichtige Fragen und Antworten:

Wer kann widerrufen?

Kreditnehmer, die ihren Vertrag zwischen dem 1. September 2002 und dem 10. Juni 2010 geschlossen haben. Die entscheidende Voraussetzung: Die Kreditverträge müssen eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung enthalten. Das heißt: Hat der Kreditgeber - im Regelfall eine Bank oder Sparkasse - nicht eindeutig über Beginn und Dauer der Widerrufsfrist sowie über die Folgen eines Widerrufs (Bezahlung der Restschuld binnen 30 Tagen) informiert, hat die Frist nie begonnen. Der Kunde konnte daher bisher sozusagen ewig widerrufen. Dies soll nicht mehr möglich sein, da den Geldhäusern Kreditverträge mit relativ hohen Zinsen zu entgehen drohen, die sie damals selbst teuer refinanziert haben. Deshalb haben sie auf die neuen Fristen gedrängt.

Was ist mit neueren Verträgen?

Bei neuen Krediten gilt eine reguläre Widerrufsfrist von 14 Tagen nach Vertragsabschluss. Bei Immobilienkreditverträgen, die nach 2010, aber vor Inkrafttreten der Neuregelung geschlossen wurden, erlischt das Widerrufsrecht zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss.

Wer hat die Fristen festgelegt?

Im Februar hat der Bundestag die sogenannte Wohnimmobilienkreditrichtlinie verabschiedet. Hinter dem Wortungetüm verbergen sich unter anderem neue Regeln für die Beratungspflichten der Banken, aber eben auch verkürzte Widerrufsmöglichkeiten. Das Gesetz ist dann zum 21. März in Kraft getreten, und in diesem Gesetz wurde der 21. Juni als Stichtag festgelegt.

Wer prüft den Kreditvertrag?

Das sollte man Fachleuten überlassen, am besten Fachanwälten, die auf solche Fälle spezialisiert sind. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, die solche Prüfungen ebenfalls übernommen hat, nimmt Anfragen seit Ende Mai nicht mehr an, weil aus ihrer Sicht die Zeit nicht mehr für eine sorgfältige Prüfung ausreicht. Spezialisierte Anwälte sind da womöglich ein bisschen schneller.

Was muss man noch wissen?

Was die Frist angeht, muss "nur" bis 21. Juni widerrufen worden sein. Praktisch hat dies natürlich weitere Konsequenzen: Denn wenn der Kunde erfolgreich widerruft, steigt er aus dem alten Kreditvertrag aus. Dann braucht er aber in der Regel eine Anschlussfinanzierung. Die sollte stehen, bevor man sich von seinem alten Kreditgeber verabschiedet.

Lohnt sich der Aufwand?

Das hängt natürlich immer vom Einzelfall ab. Aber ein Beispiel der Frankfurter Anwaltskanzlei Nieding & Barth verdeutlicht die Dimension: "Im Schnitt kostete ein Baukredit mit 15-jähriger Zinsbindung im August 2002 rund sechs Prozent. Heute ist ein solcher Kredit schon für weniger als 1,5 Prozent zu haben", erklärt Klaus Nieding, Fachanwalt für Kapitalmarktrecht und zudem Vizepräsident der Aktionärsschützervereinigung DSW.

Viereinhalb Prozent Zinsunterschied - das macht bei beispielsweise 100.000 Euro Restschuld 4500 Euro Zinsbelastung mehr oder weniger pro Jahr. Umgerechnet auf einen Monat sind das 375 Euro. Natürlich ist der Unterschied nicht immer so groß. Aber sparen können Betroffene fast immer.

(RP)
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