Köln Lanxess verbündet sich mit Arabern

Köln · Die Kölner gliedern ihr Kautschuk-Geschäft in ein Joint Venture mit Saudi Aramco aus. 3700 Mitarbeiter sind betroffen, auch in Dormagen und Leverkusen. Die Gewerkschaft ist erleichtert, dass nicht die Russen den Zuschlag erhielten.

Der Umbau der Chemiebranche geht weiter. Gestern kündigte der gerade aus dem Dax abgestiegene Kölner Konzern Lanxess an, dass er einen Partner für sein schwächelndes Kautschukgeschäft gefunden hat. Lanxess bringt dies nun in ein Gemeinschaftsunternehmen mit Saudi Aramco, dem größten Ölförderkonzern der Welt, ein. Fünf Jahre will man jeweils 50 Prozent an dem Joint Venture halten. Langfristig kann Lanxess sich laut früheren Angaben eine Trennung vorstellen.

Die Herstellung von synthetischem Kautschuk, der für Autoreifen, Dichtungen und Schläuche verwendet wird, war mal das Kerngeschäft von Lanxess und macht noch heute ein Drittel des Umsatzes aus. Doch das Produkt kann fast jeder herstellen, und auf dem Weltmarkt herrschen gewaltige Überkapazitäten. Daher hatte Lanxess lange nach einem Partner gesucht und nun in Saudi Arabien gefunden. "Damit ist uns ein Befreiungsschlag geglückt", sagte Lanxess-Chef Matthias Zachert. "Nun können wir wieder mit Wachstum beginnen." Zugleich lässt Lanxess damit die erfolglose Ära Axel Heitmann hinter sich, der das Unternehmen viel zu einseitig auf Kautschuk ausgerichtet hatte.

Lanxess bringt in das Gemeinschaftsunternehmen, das seinen Sitz in den Niederlanden haben wird, 20 Werke in neun Ländern ein. Betroffen sind 3700 Mitarbeiter, davon 600 in NRW. Es geht vor allem um das Werk in Dormagen (450 Mitarbeiter), ein Werk in Leverkusen (50 Mitarbeiter) und Verwaltungsmitarbeiter aus der Konzernzentrale in Köln (unter 100). Krefeld ist dagegen nicht betroffen.

Zachert betonte: "Das neue Unternehmen bleibt mit den deutschen Standorten im Tarifvertrag der IG BCE." Dies teilte die Gewerkschaft in einem Flugblatt an die Mitarbeiter mit. Man habe vereinbart, dass betriebsbedingte Kündigungen vermieden und an der betrieblichen Altersversorgung nicht gerüttelt werden soll. Insgesamt ist die Gewerkschaft zufrieden: "Anders als in vielen anderen Fällen gibt es bei diesem Joint Venture keine wesentlichen Überschneidungen. Insofern sind die Abmachungen und Verträge aus heutiger Sicht in Ordnung", heißt es.

Die Erleichterung der Gewerkschaft hat Gründe. Lanxess hatte zwischenzeitig auch mit dem russischen Konzern NKNK des Oligarchen Rustem Sulteev verhandelt. Dieser hat selbst viele Kautschuk-Fabriken. Ein Gemeinschaftsunternehmen hätte zur Folge gehabt, dass man Synergien gehoben und viele Werke geschlossen hätte. Das wäre schmerzhaft für die Belegschaft geworden.

Anders die Verbindung mit dem Giganten Saudi-Aramco, der selbst 62.000 Beschäftigte hat. Aramco ist die Nummer eins in Rohstoffen, Lanxess die Nummer eins in Kautschuken, jubelt Lanxess. Damit sichere man sich den direkten Zugang zu Rohstoffen. Das Öl aus Saudi-Arabien wird in den Lanxess-Werken in Europa, Asien und Amerika zu hochwertigem Kautschuk verarbeitet. "Rückwärtsintegration" heißt das im schönen Beraterdeutsch.

Den Arabern ist das Kautschuk-Geschäft von Lanxess, das zuletzt 3,1 Milliarden Euro Umsatz und 320 Millionen Euro Gewinn gemacht hat, 2,75 Milliarden Euro wert. Das ist laut Analysten mehr als erwartet. Die Lanxess-Aktie war zwischenzeitlich mit einem Plus von mehr als drei Prozent gestern der größte Gewinner im M-Dax.

Nach Abzug von Schulden und Pensionslasten überweisen die Araber 1,2 Milliarden Euro nach Köln. Das Geld will Lanxess nutzen, um Schulden zu tilgen (400 Millionen) und Aktien zurückzukaufen (200 Millionen). Die verbleibenden 400 Millionen will Lanxess in seine verbleibende Chemiesparte (Kunststoffe, Pigmente) investieren.

Damit der Lanxess-Umsatz nicht einbricht, wollen die Kölner das Joint Venture noch drei Jahre voll bei sich bilanzieren. Lanxess-Chef Zachert wird Aufsichtsrats-Chef des neuen Unternehmens.

(anh)
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