Pläne der Deutschen Bahn Lärmschutz — 8000 Güterzüge bekommen leisere Bremsen

Düsseldorf · Bis Ende des Jahres sollen mehr als 60 Prozent des DB-Cargo-Fuhrparks Flüsterbremsen erhalten. Für Lärmschutzwände und Schallschutzfenster plant die Bahn für 2017 mehr als 100 Millionen Euro ein.

 Ein Güterzug steht in München am Rangierbahnhof Nord. Die Bahn verfügt über 64.000 Güterwaggons. Bis 2020 müssen sie alle mit leisen Bremsen ausgestattet sein.

Ein Güterzug steht in München am Rangierbahnhof Nord. Die Bahn verfügt über 64.000 Güterwaggons. Bis 2020 müssen sie alle mit leisen Bremsen ausgestattet sein.

Foto: dpa

Die Bahn will bis Ende des Jahres 8000 weitere Güterzüge mit sogenannten Flüsterbremsen ausstatten, um den Lärm zu reduzieren und künftige gesetzliche Vorgaben zu erfüllen. Das geht aus aktuellen Zahlen des Staatskonzerns hervor, die unserer Redaktion vorliegen. Sollte die Bahn die selbst gesteckten Ziele bis Jahresende erreichen, hätten insgesamt knapp 40.000 Wagen leisere Bremsen. Das wären gut 60 Prozent des gesamten Fuhrparks der Bahn-Tochter DB Cargo.

Der Handlungsdruck für die Bahn ist groß. Schließlich berät der Bundestag gerade ein Schienenlärmschutzgesetz von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), wonach ab dem 13. Dezember 2020 der Einsatz lauter Güterwagen im deutschen Schienennetz grundsätzlich verboten sein soll. Zugleich ist es erklärter politischer Wille, mehr Gütertransporte von den Autobahnen auf die Schiene zu verlagern.

"Reduzierung der Lärmbelastung und mehr Verkehr auf der Schiene — das ist kein Widerspruch, sondern Zielstellung aller Beteiligten", sagte Infrastruktur-Vorstand Ronald Pofalla unserer Redaktion. "Ohne die Ausweitung des Verkehrs auf der Schiene werden wir unsere Klimaziele nicht erreichen."

Kosten von 230 Millionen Euro für komplette Umrüstung

Hauptursache für den Güterzug-Lärm sind veraltete Grauguss-Bremssohlen, die beim Bremsen die Räder aufrauen. Dadurch entsteht während der Fahrt mehr Schall. Die bereits laufende Umrüstung auf die neuen Bremsen entfaltet dem Bahn-Manager zufolge bereits ihre Wirkung: "Unsere beiden Messstationen im viel befahrenen Mittelrheintal zeigen uns, dass Ende 2016 schon knapp 25 Prozent aller dort verkehrenden Güterzüge leiser unterwegs sind", sagte Pofalla. Der Anteil leiser Züge habe sich im Mittelrheintal in letzter Zeit verdoppelt.

Die komplette Umrüstung bis 2020 kostet die DB Cargo 230 Millionen Euro. Erklärtes Ziel des Konzerns ist es, den Schienenlärm bis zu diesem Zeitpunkt zu halbieren. Dies will die Bahn nicht allein mit leiseren Bremsen erreichen. Auch der Bau von Lärmschutzwänden (aktiver Lärmschutz) und die Ausstattung von Wohnungen mit Schallschutzfenstern (passiver Lärmschutz) gehören dazu.

Beim Neu- und Ausbau von Strecken hat die Deutsche Bahn Lärmschutzwände auf einer Strecke von knapp 2000 Kilometern errichtet. Das entspricht nach Konzernangaben der Bahnstrecke Berlin-Moskau. Hinzu kommen Maßnahmen aus dem 1999 ins Leben gerufenen Lärmsanierungsprogramm von Bund und Bahn, das für Investitionen von insgesamt 1,2 Milliarden Euro steht.

Der Fokus liegt dabei auf den Bestandsrouten: 3700 Kilometer gelten als besonders stark vom Lärm belastet. 43 Prozent davon sind der Bahn zufolge inzwischen lärmsaniert: Auf rund 650 Kilometern gibt es Lärmschutzwände. Das entspricht der Zugstrecke von Hamburg nach Stuttgart. Zudem wurden knapp 57.000 Wohnungen mit schalldichten Fenstern nachgerüstet. Zum Vergleich: Alle Wohneinheiten der Stadt Langenfeld wären mit Schallschutzfenstern geschützt.

16,9 Millionen Euro für Lärmschutz-Sanierung in NRW

Rund 80 Millionen Euro hat die Bahn für Lärmschutz-Sanierung im vergangenen Jahr ausgegeben, 16,9 Millionen Euro entfielen auf NRW, vor allem auf das Ruhrgebiet und Ostwestfalen. Die Summe insgesamt ist weniger als ursprünglich geplant. Die Bahn begründet dies mit fehlendem Baurecht und Verzögerungen durch Klagen von Anwohnern. 2017 will sie bundesweit deutlich mehr als 100 Millionen Euro investieren. In NRW wird der Fokus vor allem auf den Verkehrsknotenpunkten Essen, Schwerte, Bottrop und Duisburg liegen.

Zudem will die Bahn stärker forschen. So werden neue Techniken wie niedrige Wände, Schienenschmier-Einrichtungen gegen quietschende Räder beim Einfahren in eine Kurve und moderne Schleifverfahren an Strecken in Bayern und Brandenburg getestet.

"Verfall von Bundesmitteln gegen Schienenlärm muss aufhören"

Unterdessen droht ein politischer Streit um Dobrindts Schienenlärmschutzgesetz. Der bahnpolitische Sprecher der Grünen, Matthias Gastel, kritisierte vor allem eine Reihe von Ausnahmen für bestimmte Güterzüge: "Knapp 6000 Autotransporter will die Bundesregierung gänzlich aus der Pflicht nehmen, obwohl diese Wagen auf leise Bremsen umgerüstet werden können." Das sei unverantwortlich und widerspreche dem Prinzip des Gesetzes, wonach es nur Ausnahmen für Wagen geben solle, für die es keinerlei technische Möglichkeit zur Umrüstung gebe.

Kritik übte er auch an der Bahn. Diese habe in der Vergangenheit Mittel zur Bekämpfung des Lärms nicht abgerufen: "Der Verfall von Bundesmitteln gegen Schienenlärm muss endlich aufhören. Die DB muss ihre Planungen beschleunigen, das Eisenbahnbundesamt die Genehmigungsverfahren vereinfachen und die Bundesregierung für Planungssicherheit bei den Investitionsmitteln sorgen", sagte der Grünen-Politiker.

(maxi)
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