Verdi erkämpft bis zu 5,7 Prozent mehr Lohn Lohnrunde 2013 geht in die heiße Phase

Neuss · Deutsche Post und Verdi einigten sich auf das höchste Lohnplus in der aktuellen Tarifrunde: Post-Beschäftigte erhalten 5,7 Prozent mehr. Im Handel und der Metallindustrie laufen die Verhandlungen noch.

Frank Bsirske: Stationen eines Berufsfunktionärs
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Nach zwei Wochen harter Warnstreiks bei der Deutschen Post und 20 Stunden Verhandlungsmarathon klang das Fazit beinahe blumig. Von einem "wunderschönen Tarifergebnis" sprach Verdi-Verhandlungsleiterin Andrea Kocsis und meinte damit das Lohnplus, auf das sich die Gewerkschaft und Deutsche Post in ihrer dritten Verhandlungsrunde geeinigt hatten: 5,7 Prozent mehr Lohn sollen die 132.000 Tarifbeschäftigten des Unternehmens künftig erhalten.

Verdi hatte zuvor sechs Prozent mehr Lohn verlangt. Nachdem der "gelbe Riese" in den ersten beiden Runden kein Angebot vorgelegt hatte, waren 10.000 Mitarbeiter in den Warnstreik. Mehr als neun Millionen Briefe wurden deshalb verspätet ausgeliefert, heißt es bei der Post.

In der laufenden Tarifrunde 2012/2013 ist dies bisher das höchste Lohnplus, das eine Gewerkschaft in Deutschland erreichte. Und weit mehr als jene 1,7 Prozent, die an Inflationsrate für dieses Jahr erwartet werden. Damit können sich zumindest die Post-Beschäftigten auf eine kräftige Reallohn-Erhöhung freuen.

Handel- und Metall-Tarifverhandlungen stehen an

Auf dem "wunderschönen Tarifergebnis" wird sich Verdi jedoch nicht lange ausruhen können. Im Handel stehen die Tarifverhandlungen an oder haben — wie in Nordrhein-Westfalen — bereits begonnen. 6,5 Prozent mehr Geld sollen die Mitarbeiter bekommen, mindestens aber 140 Euro monatlich. Die IG Metall bereitet sich für den 13. Mai auf Lohngespräche und Warnstreiks in der Metall- und Elektroindustrie vor. Sie fordert 5,6 Prozent mehr Lohn. Die Arbeitgeber hatten zuletzt 2,3 Prozent geboten. Beide Branchen sind Schwergewichte: Sie beschäftigen zusammen etwa 5,7 Millionen Mitarbeiter.

Ein Blick auf die Tarifrunde 2013 zeigt: Deutsche Arbeitnehmer erhalten in vielen Branchen mehr Geld. Im vergangenen Jahr wurden nach Informationen des Tarifarchivs des Wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) 5266 neue Tarifverträge registriert. Nachdem sie sich lange zurückgehalten hatten, brachten die Gewerkschaften in den vergangenen Monaten 15 Abschlüsse auf den Weg (siehe Grafik), unter anderem in der Eisen- und Stahlindustrie in NRW, Niedersachsen und Bremen und im Öffentlichen Dienst. Die Lohnerhöhungen lagen bisher zwischen 2,1 Prozent und vier Prozent.

Verdi macht Dampf

Besonders Verdi geht seit Monaten auf Konfrontationskurs. Aus Angst, dass kleine Gewerkschaften Mitglieder abwerben könnten, geben sich die Arbeitnehmervertreter äußerst streit- und streikfreudig. Als "konfliktintensiv" schätzt Tarifexperte Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) auch deshalb die Verhandlungen im Groß- und Einzelhandel ein. Größter Streitpunkt ist wohl der Manteltarifvertrag des Einzelhandels. Er stammt aus der Nachkriegszeit; eine neue Definition der Berufe und ihre Eingruppierung sei unumgänglich, sagt der Handelsverband. Die Arbeitnehmer fürchten, dass die nur der Vorwand für ein Ende des Flächentarifvertrags ist.

Am Montag gehen die Lohnverhandlungen für die Techniker der Lufthansa in die vierte Runde. Mit dem bundesweiten Warnstreik vor einer Woche hatte die Gewerkschaft ihre Forderung bekräftigt: Für 33 000 Beschäftigte soll es 5,2 Prozent mehr Geld geben. Auch die Pilotengewerkschaft "Vereinigung Cockpit" erhöht den Druck: Sie fordert für Piloten und Co-Piloten der Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings 4,6 Prozent mehr Lohn über ein Jahr.

(RP/felt/das/jre)
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