Lokführerstreik Hat GDL bei Urabstimmung über Streik geschummelt?

Berlin · Im Tarifstreit zwischen Bahn und GDL ist noch immer keine Lösung in Sicht. GDL-Boss Claus Weselsky stellte immerhin eine einwöchige Streikpause in Aussicht. Am Wochenende wurden indes neue Vorwürfe gegen die Gewerkschaft laut. Ging bei der Urabstimmung über den Streik nicht alles mit rechten Dingen zu?

 Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, am Samstag in Dresden.

Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, am Samstag in Dresden.

Foto: dpa, mhi pzi

Der Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, hat eine siebentägige Streikpause ab Montag in Aussicht gestellt. "Ich denke, dass wir über die nächste Woche reden und dass wir dort eine Pause einlegen von mindestens sieben Tagen", sagte Weselsky am Samstagabend im ZDF-"heute-journal". Dieses Wochenende müssen Reisende aber nach wie vor mit erheblichen Einschränkungen rechnen. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) forderte Bahn und GDL erneut auf, den festgefahrenen Tarifkonflikt schnell zu entschärfen.

Einem Bericht der "Bild am Sonntag" zufolge soll es bei der Urabstimmung der GDL über den Streik zu Unregelmäßigkeiten gekommen sein. Demnach sollen bei der Auszählung nur Mitglieder gezählt worden sein, die ihren Stimmschein auch tatsächlich zurückgeschickt haben. Die Nichtwähler seien nicht ins Ergebnis eingegangen. Ob die GDL dies versehentlich oder mit Absicht tat, lässt der Bericht offen. Sicher hingegen laut "Bild am Sonntag": Wären auch die Nichtwähler ins Ergebnis eingeflossen, hätte die GDL-Führung die notwendigen 75 Prozent für einen Streik vermutlich verpasst.

Streik traf Deutsche hart

Zum Beginn oder Ende der Herbstferien in neun Bundesländern trafen die Lokführer mit ihrem Streik am Samstag die Bahnkunden hart. Etwa zwei Drittel der Fernzüge standen seit dem frühen Samstagmorgen still. Auch Regionalbahnen fuhren nur nach einem Ersatzfahrplan. Die GDL will den Streik trotz wiederholt geäußerter Verhandlungsbereitschaft der Deutschen Bahn bis zum Montagmorgen durchziehen. Weselsky sagte am Nachmittag in Dresden, es sei unvermeidbar, Reisende zu beeinträchtigen. Auf den Vorwurf, Streiks in der Ferienzeit auszurufen, entgegnete er: "Es ist immer Hauptreisezeit, an sieben Tagen in der Woche."

Ein neues Tarifangebot der Bahn hatte die GDL am Freitag abgelehnt. Dieses sah für die Lokführer eine dreistufige Einkommenserhöhung um insgesamt fünf Prozent bei einer Vertragslaufzeit von 30 Monaten vor. Von dem Konzern erwartete die Gewerkschaft "verhandelbare Angebote". Am Ende entscheide die Bahn, "ob wir in den Verhandlungsmodus kommen oder in den nächsten Arbeitskampf", sagte Weselsky.

Bedingung der GDL für Tarifgespräche mit der Bahn ist es, neben den Lokführern auch für das übrige Zugpersonal wie Zugbegleiter oder Bordgastronomen zu verhandeln. Für diese Berufsgruppen führt jedoch die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) die Gespräche.

Reaktionen zum Bahn-Streik am Wochenende: "Jetzt gehen die Lokführer zu weit"
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Dobrindt forderte die GDL zur Rückkehr an den Verhandlungstisch auf. "Wenn in Tarifverhandlungen konkrete Angebote auf dem Tisch liegen, sollte verhandelt werden", sagte der CSU-Politiker der Zeitung "Bild am Sonntag". Die Bahn sei das zentrale Verkehrsmittel in Deutschland mit Millionen Fahrgästen täglich. Tarifauseinandersetzungen wie auch Streiks seien ein elementarer Bestandteil der Tarifautonomie, "dazu gehört aber auch die Verpflichtung zum verantwortungsvollen Umgang damit, das heißt auch die Folgen für betroffene Dritte möglichst gering zu halten", sagte Dobrindt.

(dpa)
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