Düsseldorf Lufthansa unterliegt im Mützen-Streit

Düsseldorf · Männliche Piloten von Deutschlands größter Airline dürfen künftig nicht mehr dazu gezwungen werden, in der Öffentlichkeit eine sogenannte Cockpit-Mütze zu tragen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht in Erfurt.

Als wäre der Streit um die üppigen Übergangsrenten und der damit einhergehende Arbeitskampf nicht schon genug, musste die Lufthansa sich gestern auch noch mit einem weiteren Ärgernis rund um ihre Piloten herumschlagen: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt ging der Frage nach, ob männliche Piloten der Lufthansa zum Tragen einer Dienstmütze gezwungen werden dürfen, während es ihren Kolleginnen freigestellt ist, ob sie die Kopfbedeckung tragen.

Geklagt hatte bereits 2004 ein aus NRW stammender Pilot, dessen Station am Drehkreuz München liegt. Der Mann hatte sich durch die "Betriebsvereinbarung Dienstbekleidung" diskriminiert gefühlt. Der erste Senat des BAG gab dem Mann gestern in letzter Instanz Recht (Az.: 1 AZR 1083/12). "Die unterschiedliche Ausgestaltung der Tragepflicht verstößt gegen den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz und ist unwirksam", erklärten die Richter. Die einheitliche Dienstkleidung solle das Cockpitpersonal in der Öffentlichkeit als hervorgehobene Repräsentanten der Lufthansa kenntlich machen. Das Konzernmanagement hatte die einseitige Regel vergeblich mit der Frisurgestaltung der weiblichen Cockpitmitglieder verteidigt.

Für die Lufthansa war gestern also in doppelter Hinsicht ein schwarzer Tag. Denn zu der Niederlage in Erfurt gesellte sich außerdem der Streik der Piloten-Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) am größten Drehkreuz in Frankfurt hinzu. Die Hälfte aller während des 15-stündigen Streiks geplanten Langstreckenflüge blieb am Boden, etwa 20 000 Passagiere waren betroffen. Und ein Ende der Streiks ist vorerst nicht abzusehen: "Wir werden den Arbeitskampf langfristig durchfechten", sagte VC-Vorstand Markus Wahl. Möglich sei etwa, den Flugbetrieb der Lufthansa noch länger oder an mehreren Flughäfen gleichzeitig lahmzulegen. Ein Ende des Tarifkonflikts sei nicht in Sicht. "Es gibt keine Gesprächsebene." Die VC will jedoch weiterhin Arbeitskämpfe rechtzeitig ankündigen.

Die Lufthansa setzte gestern ihr Bemühen fort, die Piloten als nimmersatte Übeltäter darzustellen, die auf Kosten der übrigen Belegschaft und vor allem der Kunden für unverhältnismäßige Forderungen den "längsten Streik in der Unternehmensgeschichte" vom Zaun gebrochen haben. Konzernchef Carsten Spohr wandte sich am Morgen via Videobotschaft an die Lufthansa-Kunden und warb um Vertrauen und Verständnis, für die Auswirkungen, die der Arbeitskampf auf deren Reisepläne habe. "Ich bitte auch um Ihr Verständnis dafür, dass wir als Lufthansavorstand gesamthafte Verantwortung tragen - nicht nur für 5000 und damit die Hälfte unserer Piloten, sondern für die gesamten 120 000 Mitarbeiter unserer Lufthansa", sagte Spohr. "Wir wollen Qualität bieten - auch in Zukunft. Wir wollen investieren können, auch in Zukunft. Wir wollen auch in Zukunft die besten Mitarbeiter der Branche an uns binden, fair behandeln, fair bezahlen." Am Ende seiner Botschaft bat er schon fast flehentlich: "Bleiben Sie uns gewogen."

Spohr wird sich wohl auf eine längere Durststrecke gefasst machen müssen. Nach Angaben des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) ist die VC die Gewerkschaft mit der längsten Verhandlungszeit: 11,5 Monate dauerten die VC-Verhandlungen in den vergangenen 14 Jahren im Schnitt. Laut dem neuen IW-Index für die Konfliktintensität von Tarifauseinandersetzungen geht die VC dabei auch äußerst aggressiv vor. Bei den Spartengewerkschaften setzten nur die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer und die Ärztegewerkschaft Marburger Bund im Laufe ihre Tarifauseinandersetzungen mehr auf Eskalation als die Piloten-Vereinigung Cockpit.

(RP)
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