Berlin Maut erneut im Stau

Berlin · Der Bundesrat will im Streit um die Pkw-Maut den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen. Das Parlament verabschiedete das umstrittene Gesetz. Der Streit mit der Länderkammer bringt aber weitere Verzögerung.

Gegen den Widerstand etlicher Bundesländer und unserer europäischen Nachbarn hat der Bundestag gestern die umstrittene Pkw-Maut verabschiedet. Der Bundesrat könnte das Projekt weiter verzögern.

Welche Variante der Pkw-Maut hat der Bundestag nun beschlossen?

Inländische Autofahrer werden künftig eine Maut zahlen müssen, die sich an Hubraum, Motortyp und Schadstoffklasse bemisst. Pro 100ccm Hubraum liegt sie zwischen drei Euro und 9,50 Euro, höchstens bei 130 Euro im Jahr. Die Autofahrer sollen mindestens in gleicher Höhe über die Kfz-Steuer entlastet werden. Wer ein besonders umweltfreundliches Auto besitzt, profitiert sogar noch. Ausländische Autofahrer zahlen nach der gleichen Staffelung und können sich zudem, wenn sie zum Beispiel nur für eine Urlaubsreise deutsche Autobahnen nutzen, auch für Zehn-Tagesvignetten ab 2,50 Euro bis zu Zwei-Monatsvignetten von bis zu 50 Euro entscheiden.

Wann wird die Maut in der Praxis eingeführt?

Nach den Planungen von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) soll das im Laufe der nächsten Wahlperiode der Fall sein. Allerdings muss das System für die Erhebung und Kontrolle der Maut erst noch eingeführt werden. Geplant ist eine privat geführte Infrastrukturabgabenbehörde, die dem Kraftfahrtbundesamt unterstellt ist. Es wird eine elektronische Vignette geben. Wer bezahlt hat, erhält einen Bescheid und sein Nummernschild wird im Maut-System freigeschaltet.

Könnte sich die Einführung der Maut noch verzögern?

Ja. Aus den Ländern kommt erheblicher Widerstand. Der Bundesrat muss dem Gesetz zwar nicht zustimmen, aktuell sammeln die Länder, die selbst Außengrenzen haben, aber ihre Truppen für eine Anrufung des Vermittlungsausschusses von Bund und Ländern. Rheinland-Pfalz und dass Saarland haben bereits ein entsprechendes Vorgehen angekündigt. NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) drohte gestern: "Ich gehe davon aus, dass die NRW-Landesregierung in der kommenden Woche beschließen wird, den Vermittlungsausschuss anzurufen."

Was verlangen die Länder?

Die zentrale Forderung der Länder, unabhängig davon ob sie SPD- oder unionsgeführt sind, ist eine Ausnahme für Grenzregionen. Pendler und Händler im grenznahen Bereich sollen von der Maut befreit werden. Diese Forderung der Länder lehnt der Bundesverkehrsminister bislang strikt ab.

Ist auch noch Widerstand aus der EU zu erwarten?

Die Kritikpunkte der EU-Kommission hat Dobrindt mit der Maut-Staffelung nach Schadstoffausstoß und den flexiblen Vignetten für ausländische Autofahrer in seinen Gesetzentwurf aufgenommen. Damit zeigte sich die Europäische Union zufrieden und sieht die Maut nun in Einklang mit europäischem Recht. Erheblicher Widerstand rührt sich dagegen weiterhin bei unseren europäischen Nachbarn. Gleich nach dem Bundestagsbeschluss gestern drohte Österreich mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Die Österreicher sehen sich durch das geplante Maut-System der Deutschen diskriminiert. Dobrindt verwahrte sich mit Hinweis auf die österreichische Autobahn-Gebühr gegen den Vorwurf. "Die Maut-Maulerei muss aufhören", schleuderte er den Österreichern entgegen.

Bringt die Maut überhaupt Geld ein?

Diese Frage lässt sich wahrscheinlich erst ein Jahr nach Einführung der Maut redlich beantworten. Nach Angaben der Bundesregierung sollen trotz der Entlastung bei der Kfz-Steuer 500 Millionen Euro pro Jahr für den Staat hängen bleiben. Nach ersten Zweifeln hat sich auch das Finanzministerium hinter die Rechnung gestellt. Das Geld soll zweckgebunden in den Verkehrsetat fließen. Die Opposition bestreitet, dass es positive Einnahmen geben wird. Verschiedene Gutachten wiederum teilen die Bedenken der Opposition.

(qua)
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