Berlin Mehr als Geld - Bundestag beschwört europäische Idee

Berlin · In einer harten Debatte setzen sich Regierung und Opposition mit den Konsequenzen aus der Griechenland-Krise auseinander.

In der Bundestagsdebatte um Griechenland geben von der CSU bis zur Linksfraktion auf einmal alle Oppositionsführer Gregor Gysi Recht. Der meint: "Wir tun immer alle so oberschlau." Feixend zeigen viele Abgeordnete auf den Redner selbst. Zuvor hatten Union und SPD lauthals protestiert, als Gysi der Regierung vorwarf, sie wolle die linke Regierung in Griechenland beseitigen. Wie auch der griechische Premier Alexis Tsipras versucht Gysi der deutschen Kanzlerin die Gesamtverantwortung für das europäische Schicksal zuzuschieben. "Sie haben die Chance als Retterin oder als Zerstörerin in die europäische Geschichte einzugehen."

Der Schlagabtausch zwischen Regierung und Opposition in der zweieinhalb stündigen Debatte um das griechische Drama ist hart. So knöpft sich Vize-Kanzler Sigmar Gabriel seinerseits Gysi vor, der die links-rechts Regierung in Athen verteidigte. Der SPD-Chef betont, ein Skandal sei, dass die linke Regierung in Athen es zugelassen habe, wie reiche Griechen über Monate Milliarden ins Ausland geschafft hätten. Für dieses Geld müssten die deutschen Arbeitnehmer bürgen. Gabriel betont auch, man dürfe sich von der griechischen Regierung nicht erpressen lassen.

Übereinstimmend treten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Gabriel für eine weiterhin konsequente Linie gegenüber Griechenland ein. So lehnt Merkel eine "Einigung um jeden Preis" ab und sendet das beruhigende Signal an die deutsche Öffentlichkeit, dass die Konsequenzen ihrer Politik verkraftbar sind. "Europa ist stark, viel stärker als vor fünf Jahren", sagt Merkel. Die Kanzlerin sagt diese Worte wohl wissend, dass Europa an einem Grexit wahrscheinlich nicht auseinander brechen würde, dieser aber als ihre Niederlage wahrgenommen würde. In Richtung griechische Bevölkerung betont sie: "Sie sind ein stolzes Volk und haben harte, sehr harte Tag zu bewältigen."

Im Laufe der Debatte machen Merkel und Gabriel deutlich, dass es in Euro um mehr gehe als um Geld. Merkel betont mehrfach, dass die Europäer Werte und Verantwortung zusammenhält. Besonders drastisch brachte dies zuvor schon zur Eröffnung der Bundestagssitzung Bundestagspräsident Norbert Lammert auf den Punkt. Er erinnert an den Völkermord vor 20 Jahren im ostbosnischen Srebrenica, wo serbische Truppen 8000 überwiegend muslimische Gefangene ermordeten. Die damaligen Verbrechen erinnerten daran, "dass die europäische Idee wesentlich von dem Bestreben getragen wird, das friedliche Zusammenleben der Völker in Europa zu befördern und zu erhalten", sagt Lammert.

Der Auftritt von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an diesem Mittag unter der Reichstagskuppe gerät eher kurios. Provoziert von den Äußerungen seines Vorredners, Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter, holt Schäuble zu einer Art historischem Rundumschlag aus persönlicher Sicht der Geschichte und Rettung des Euro aus. Dabei spart er nicht an Schulmeisterei und Sarkasmus.

Immer wieder senkt Schäuble seine Stimme, so dass auch das Plenum still sein muss, damit man ihn versteht. Nachdem man am Wochenende in Fernsehinterviews nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen Eurogruppe und Griechenland einen völlig fassungslosen deutschen Finanzminister sehen konnte, gibt er nun wieder den abgebrühten Polit-Profi. Er wirft seinen Kritikern, die sagen, dass Deutschland und Europa den Griechen etwas aufzwinge "wahrheitswidrige demagogische Polemik" vor. Die bisherigen Rettungsprogramme von 240 Milliarden Euro seien den Griechen nicht aufgezwungen, sondern vielmehr mit deren Regierungen ausgehandelt worden.

(qua)
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