Frankfurt/M. Merkel setzt IG Metall wegen TTIP zu

Frankfurt/M. · Die Kanzlerin bemängelt die Ablehnung des Freihandelsabkommens.

Kanzlerin Angela Merkel ist gut gelaunt, als sie ans Rednerpult in der Frankfurter Messe vor Hunderte IG-Metall-Delegierte tritt. Gerade hat ein Helfer der 1,65 Meter großen CDU-Politikerin das verstellbare Podium heruntergefahren, da frotzelt die Regierungschefin fröhlich: "Danke, so klein bin ich auch nicht." Und fügt spöttelnd hinzu, wegen ihrer Kurzsichtigkeit werde sie nun eher Probleme haben, den Text ihrer Rede zu entziffern.

Doch von textlicher Unsicherheit ist anschließend nichts zu spüren. Merkel absolviert einen Parforceritt durch die Themen, die der Gewerkschaft derzeit unter den Nägel brennen: Werkverträge, Leiharbeit, Digitalisierung, Flüchtlingsfrage, abnehmende Tarifbindung.

Doch es ist insbesondere ein Komplex, bei dem sich die Kanzlerin derart in Rage redet, dass sich ihre Stimme fast überschlägt und man ihre Wut spürt: Es geht um TTIP, das von Gewerkschaftsseite abgelehnte Freihandelsabkommen zwischen Europa und den USA. Die Arbeitnehmerorganisationen hatten erst vor wenigen Tagen in Berlin mehr als 150.000 Menschen mobilisiert, die das Abkommen für Teufelszeug halten. Nicht gerade Rückenwind für die Verhandlungen mit den Amerikanern.

"Sie haben nie großen Einspruch eingelegt zum Beispiel bei Handelsabkommen mit Südkorea, nie gab es große gewerkschaftliche Proteste", warf Merkel ihren Zuhörern vor. "Und jetzt plötzlich totale Ablehnung." Es werde so getan, als seien die USA ein Land, von dem man nur das Schlimmste erwarten müsste. Bei TTIP gehe es nicht nur um den Abbau von Zöllen, sondern vielmehr um einheitliche Technikstandards - etwa im Fahrzeugbau, aber auch im Verbraucher- und Umweltschutz. All dies werde zu erheblichen Kostenvorteilen führen. Sie halte das angestrebte Abkommen für einen vernünftigen Schritt, die Globalisierung zu gestalten. Ein Abkommen zwischen den beiden größten Wirtschaftsräumen der Welt würde weltweit hohe Standards setzen. Merkel warnte die Gewerkschaft davor, bei Festhalten an der ablehnenden Haltung der Volkswirtschaft ein Eigentor zu schießen.

Gegen Ende ihrer TTIP-Ausführung blitzt dann noch einmal der Humor der Kanzlerin auf. Mit Blick auf die Buh-Rufe bei ihrem Auftritt auf dem Verdi-Bundeskongress vor wenigen Wochen zum gleichen Thema sagt Merkel schmunzelnd: "Es ist bei Ihnen stiller als bei Verdi. Da bin ich ganz beruhigt."

(maxi)
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