Düsseldorf Missernte - Rotkohl wird in Deutschland knapp

Düsseldorf · Im Süden war es zu trocken, im Norden zu nass: Bis zu 55 Prozent weniger Kohl haben deutsche Bauern geerntet.

Beim Oktoberfest gehört das Sauerkraut einfach zum zünftigen Mahl dazu. Zu Weihnachten macht der Rotkohl das traditionelle Festessen perfekt. Dieses Jahr könnte das beliebte Gemüse ausgerechnet im Land der Krauts - wie Deutschland im Ausland gerne genannt wird - jedoch knapp werden. Laut Bundesverband der obst-, gemüse- und kartoffelverarbeitenden Industrie (BOGK) haben deutsche Bauern 2015 bis zu 55 Prozent weniger Kohl von den Feldern geholt.

Bei Rotkohl könnte es bereits ab Mai zu Engpässen kommen. Weißkohl wird am Juli zur raren Ware. Der Grund: das Wetter. "Kohl ist ein Gemüse, das viel Wasser braucht, doch gerade im Hauptanbaugebiet Bayern war der Sommer besonders trocken", sagt BOGK-Geschäftsführer Christoph Freitag. Dadurch seien die Kohlköpfe klein geblieben. Im Süden Bayerns bedeutete das Ernteeinbußen von 30 bis 40 Prozent. Im Norden sogar bis zu 55 Prozent. Die bittere Ironie: Während Bayern auf dem Trockenen saß, regnete es im dithmarschen Gebiet, dem zweiten Hauptanbaugebiet, viel zu viel. "Dort sind die Kohlköpfe schlicht verfault", sagt Freitag.

Neben den Bauern hat auch die Industrie die Auswirkungen zu spüren bekommen. Das Traditionsunternehmen Carl Kühne etwa - nach eigenen Angaben Marktführer beim Rotkohl - musste aufgrund der Ausfälle seiner Vertragsbauern auf dem freien Markt zukaufen. "Sofern die Qualität den Kühne-Ansprüchen genügte, haben wir gekauft, was wir kriegen konnten", sagt Kühne-Chef Stefan Leitz. Die Mehrkosten belaufen sich auf einen fast siebenstelligen Betrag. Die Marktpreise für Kohl seien explodiert - auf das Vier- bis Fünffache des Normalpreises, so Leitz. Die gesamte Ausfallmenge konnte Kühne mit den Zukäufen trotzdem nicht ausgleichen.

Verschärft wird die Marktlage nämlich dadurch, dass auch in Osteuropa die Weißkraut-Ernte mager war. In Österreich ist die Rotkohl-Ernte sogar gänzlich ausgefallen. "Polnische Unternehmen haben die Knappheit schnell erkannt und waren früh in Deutschland unterwegs, um Kohl am freien Markt einzukaufen", sagt Freitag. "Für deutsche Betriebe blieb dadurch nicht mehr genug übrig." Einen Weltmarkt gibt es nicht: Das Produkt ist zu günstig. Die Transportkosten des schweren Gemüses zu teuer, als dass sich das internationale Geschäft lohne.

Verbraucher müssen vorerst dennoch nicht mit Preiserhöhungen rechnen. Industrie und Handel vereinbaren die Preise bereits im Winter für das kommende Jahr. Doch Leitz betont: "Die Kostensteigerungen können in dieser Höhe unmöglich durch weitere Effizienzsteigerungen der Hersteller aufgefangen werden."

(RP)
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