Düsseldorf/Duisburg Mit dem Handy auf Einbrecherjagd

Düsseldorf/Duisburg · Die anhaltend hohen Einbruchzahlen sorgen für Verunsicherung bei den Verbrauchern. Der große Gewinner ist die Sicherheitsbranche: Prognosen zufolge wächst die Industrie auch in diesem Jahr deutlich. Großes Thema: Smart Home.

Düsseldorf/Duisburg: Mit dem Handy auf Einbrecherjagd
Foto: dpa

Thomas Hellmann ist voll in seinem Element. Als ein Mitarbeiter die Tür hereinkommt und fragt, wem der Wagen in der Einfahrt gehöre, tippt der Geschäftsführer von Elektro Venn ein paar Mal auf sein Smartphone, schon wird das Bild der Überwachungskamera auf den Flachbildschirm an der Wand geworfen. Schnell ist der Sündenbock gefunden. Das Bild wechselt, nun ist ein Parkplatz zu sehen. "Da können Sie parken." Das Duisburger Unternehmen hat sich unter anderem auf Sicherheitstechnik spezialisiert. "Smart Home ist ein immens großes Thema geworden", sagt der 33-jährige Hellmann.

Aus anderen Bereichen im Haushalt kennt man die Technik schon länger. Energiekonzerne wie Eon und RWE bieten Systeme an, mit denen sich die Heizung per Smartphone steuern und die Wohnung vorwärmen lässt, selbst wenn man selbst noch im Restaurant sitzt. Mit denen das Licht angeht, wenn man den Raum betritt. "Wir erleben, dass diese Technik auch bei der Sicherheit des Eigenheims eine immer größere Rolle spielt", sagt Hellmann.

Eine bisher unveröffentlichte Prognose des BHE Bundesverband Sicherheitstechnik, die unserer Redaktion vorliegt, bestätigt den Trend. Insgesamt erwartet der Verband einen Umsatz von 3,28 Milliarden Euro. Das wäre ein Plus von drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr und etwa 500 Millionen Euro mehr als noch im Jahr 2011. Der nach wie vor größte Markt ist zwar die Brandmeldetechnik mit einem Umsatz von 1,46 Milliarden Euro, nirgendwo sind die Zuwächse aber größer als bei der Video-Überwachungstechnik und den Sprachalarm-Systemen. Und das, obwohl in Nordrhein-Westfalen seit 2013 eine Rauchmelderpflicht für Neubauten gilt. "Die Einbruchzahlen sind seit Jahren hoch, die Aufklärungsquote gering. Deshalb gehen die Leute vermehrt auf Nummer sicher und investieren in Einbruchschutz", sagt Norbert Schaaf (59), BHE-Vorsitzender und Geschäftsführer der Atral-Secal GmbH, eines Unternehmens für Funk-Sicherheitstechnik. Angesichts immer neuer Meldungen über umherziehende Einbrecherbanden und Überfälle in den eigenen vier Wänden auch ein psychologisches Moment. "Wenn ein Einbrecher in den privaten Raum der Menschen eindringt, trifft sie das besonders in ihrem Sicherheitsgefühl", sagt ein Polizeisprecher. Daher fährt man Kampagnen, um die Bürger für das Thema zu sensibilisieren. Aber alleine in Düsseldorf verzeichnete die Polizei im ersten Halbjahr 2015 insgesamt 1720 Einbrüche. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Anstieg von knapp 48 Prozent.

"Gerade bei Neubauten wird verstärkt darauf geachtet, von Anfang an Sicherheitstechnik zu verwenden", sagt Norbert Schaaf. Aber auch beim Bestand lasse sich der Trend zum Umrüsten beobachten. Was sinnvoll ist, hänge dabei immer vom Einzelfall ab. Sicherheitstechnik zum Schutz vor Einbrechern beginnt bei der Sicherung von Fenstern und Türen und endet beim Schutzraum mit eigener Belüftung für die ganze Familie, den man sonst nur aus Hollywood-Filmen kennt. "Auch solche Fälle habe ich schon erlebt. Das sind dann aber Menschen, bei denen Geld keine Rolle spielt und die schon einmal einer konkreten Gefahr ausgesetzt waren", sagt Schaaf.

Die Überwachung per Smartphone ist längst kein Produkt für die oberen Zehntausend mehr. Wenn ein ungebetener Gast durch den Bewegungsmelder läuft oder Stimmen aufgezeichnet werden, wenn niemand zuhause sein sollte, übertragen die Kameras die Live-Bilder sofort aufs Smartphone oder Tablet. So kann der Hausbesitzer direkt entscheiden, ob es sich um einen Fehlalarm oder eine echte Gefahrensituation handelt. Bei allen Verlockungen sieht der Experte aber auch Risiken. "Das Problem ist, dass es noch keine einheitlichen Standards gibt", sagt Schaaf.

Systeme mit Bedienoberflächen für Smartphones werden bereits für wenige Hundert Euro angeboten. "Sicherheit bekommt man aber nicht nur mal eben so zur Steuerung der Heizung und des Lichts dazu", warnt der Experte. Nichts sei fataler, als sich auf eine Technik zu verlassen, die keinen umfassenden Schutz bietet - denn auch Einbrecher gingen mit der Zeit. "Einiges ist bereits wirklich sinnvoll, bei anderem steht eher der Spieltrieb mancher Männer im Vordergrund."

(lukra)
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