Der Ökonom Mit Steuersenkungen aus der Krise?

Was hat der Sozialist Matteo Renzi, Italiens Ministerpräsident, mit dem Konservativen Mariano Rajoy, Spaniens Premier, gemeinsam? Beide haben genug vom Sparen und wollen mit Steuersenkungen für Firmen ihr Wachstum ankurbeln. "Unsere Finanzen sind in Ordnung", tönt Italiens Finanzminister Pier Carlo Padoan und verweist stolz auf das Staatsdefizit von 2,6 Prozent (unter der EU-Vorgabe). Sein spanischer Kollege Cristóbal Montoro zählt die steigenden Steuereinnahmen im ersten Quartal auf, die es erlauben, vom Stabilitätskurs abzuweichen.

Einmal mehr beweisen Politiker, dass sie nur zu kurzfristigem Denken in der Lage sind. Beide Länder haben bei der Bewältigung der Schuldenkrise Fortschritte gemacht, wachsen sogar leicht, sind aber noch nicht über dem Berg. Sie würden die Stabilitätsziele gefährden, wichen sie jetzt mit Steuergeschenken vom Pfad der Tugend ab.

Die beiden Regierungen erliegen dabei zu allem Überfluss noch einem ökonomischen Trugschluss. Sie argumentieren, mit Investitionen der Unternehmen (als Folge der Steuersenkungen) oder des Staates (mit neuen Schulden) würde die Wirtschaft aus der Schuldenkrise von selbst herauswachsen. Münchhausen, der sich angeblich selbst am Schopfe aus dem Sumpf zog, lässt grüßen. Tatsächlich haben Investitionen, so wichtig sie sind, nur wenig mit Wachstum zu tun. Investitionen machen eine Wirtschaft einmalig produktiver und sollten deshalb aus den privaten Ersparnissen und nicht aus öffentlichen Schulden finanziert werden. Einen Wachstumsprozess setzen sie jedenfalls nicht in Gang.

Wachstum kommt allein aus dem Wachstum der Arbeitskräfte, ihrer besseren Ausbildung und vom technischen Fortschritt. Hier müssten die Länder ansetzen und ihre Wirtschaft durch eine solide Finanzpolitik gesunden lassen. Sonst geraten Italiener und Spanier wieder in die Schuldenfalle.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort