Düsseldorf Niedriger Aktienkurs ist riskant für Hochtief

Düsseldorf · Für die geplante Übernahme des spanischen Mautstraßenbetreibers Abertis wollen die Essener eine massive Kapitalerhöhung vornehmen. Doch der Kurs hat seit Bekanntgabe der Übernahmeschlacht deutlich nachgegeben.

Für den Chef des Essener Baukonzerns Hochtief, Marcelino Fernández Verdes, sind schwere Zeiten angebrochen. Wenn der spanische Bauingenieur heute am Düsseldorfer Flughafen die Bilanz-Daten für das abgelaufene Geschäftsjahr vorstellen wird, muss er sich auf kritische Frage zu seiner wichtigsten Großbaustelle gefasst machen, die ihm die Hochtief-Mutter ACS eingebrockt hat - der Übernahmeschlacht um den spanischen Mautstraßenbetreiber Abertis. ACS will mit Hilfe seiner deutschen Tochter dafür sorgen, dass Abertis de facto in spanischer Hand bleibt und nicht von dem italienischen Konzern Atlantia geschluckt wird, hinter dem sich die Mode-Dynastie Benetton verbirgt.

Für Hochtief ist das Projekt Abertis zu einem Abenteuer mit ungewissem Ausgang geworden. Eigentlich hatte Fernández Verdes das einstige Sorgenkind Hochtief mit seinem Sparkurs, der erfolgreichen Übernahme des australischen Konkurrenten Leighton (heute Cimic) und seiner stärkeren Internationalisierung auf Erfolgskurs gebracht. Das Unternehmen war faktisch schuldenfrei. Doch für die Abertis-Offerte muss Hochtief nun 18,6 Milliarden Euro aufbringen.

15 Milliarden Euro wollen die Essener mit Hilfe von Fremdkapital bereitstellen, die übrigen 3,6 Milliarden Euro sollten mit Hilfe einer Kapitalerhöhung gestemmt werden. Abertis-Aktionäre sollen im Tausch gegen ihre Anteile neue Hochtief-Aktien im Wert von 2,6 Milliarden Euro erhalten, eine weitere Milliarde Euro soll über die Platzierung neuer Aktien am Markt erreicht werden.

Allerdings steht Hochtief vor einem immensen Problem: Seit der Essener Baukonzern im vergangenen Oktober seine Pläne öffentlich gemacht hat, hat die Aktie erheblich nachgegeben - von 151 auf 137,70 Euro gestern. Da Hochtief für sein Angebot aber einen Kurs von 146,42 Euro zugrundegelegt hat, dürften nur wenige Abertis-Aktionäre ein Interesse am Tausch und auch nur wenige Anleger ein Interesse am Kauf der übrigen neuen Anteilsscheine haben.

Derweilen droht den Essenern von anderer Seite Ungemach. Abertis hatte Anfang des Monats angekündigt, eine zweite Dividende von 40 Cent zahlen zu wollen. Sollte es dazu kommen, werde Hochtief seine Offerte um 40 Cent auf 18,36 Euro je Aktie senken, teilte die Essener Firma am Montag mit.

Der italienische Gegenspieler schläft derweilen nicht. Atlantia hat für heute nach einem Bericht der "Börsen-Zeitung" eine außerordentliche Hauptversammlung einberufen. Dort könnten die Eigner über eine Nachbesserung des eigenen Angebots entscheiden. Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert Finanzkreise, dass dabei darüber beraten werde, das Angebot komplett mit Barmitteln zu bestreiten. Ursprünglich hatte Atlantia genau wie Hochtief geplant, den Kauf von Abertis mit einer Mischung aus Barmitteln und eigenen Aktien vorzunehmen.

Für morgen wird zudem eine Entscheidung der spanischen Börsenaufsicht CNMV erwartet, ob sie die von Hochtief abgegebenen Offerte zulässt. Die EU-Kommission hatte bereits Anfang Februar erklärt, sie habe keine Bedenken gegen einen solchen Deal. Der Wettbewerb auf den Märkten für Straßenbau, Maut-Straßenbetreiber und die Anbieter von Bord-Computern für Mautsysteme werde durch eine Hochtief-Übernahme nicht eingeschränkt.

Sollten nun auch die spanischen Behörden zustimmen, dürften beide Bieter bis Ende März noch einmal ein Gegenangebot abgeben. Eine Woche später - am 6. April - hätte dann Atlantia ein letztes Mal die Möglichkeit nachzubessern. Dann ist das Bieterrennen um den Mautstraßenbetreiber endgültig vorbei.

(maxi)
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