Düsseldorf "NRW darf kein Naturschutzreservat sein"

Düsseldorf · Arndt Kirchhoff, Präsident von Unternehmer NRW, vermisst eine Debatte über die Zukunft des Standortes. Er fordert weniger Hürden bei Genehmigungen, schnellere Fortschritte beim Internet-Ausbau, weniger Diskussion über Umverteilung.

Seit den Übergriffen am Kölner Hauptbahnhof am Silvesterabend 2015 hat das Thema Innere Sicherheit für die Bürger in Nordrhein-Westfalen extrem an Bedeutung gewonnen. Da ist es naheliegend, dass es die Politik vor der Landtagswahl am 14. Mai ganz nach oben auf ihre Prioritätenliste gesetzt hat. Für Arndt Kirchhoff, den Präsidenten von Unternehmer NRW, kommt dabei die Wirtschaft viel zu kurz: "Natürlich ist innere Sicherheit ein relevantes Thema. Aber wir brauchen auch eine wirtschaftspolitische Debatte über die Zukunft des Standortes Nordrhein-Westfalen, und die findet derzeit nicht statt", sagte Kirchhoff gestern in Düsseldorf.

Was fehlt tatsächlich in der Praxis? Der Arbeitgeber-Präsident kritisiert eine Gerechtigkeits-Diskussion, die zu sehr auf Umverteilung und zu wenig auf Wirtschaftswachstum ziele, er bemängelt wie viele andere die immer noch zu geringe Geschwindigkeit bei der flächendeckenden Versorgung mit schnellem Internet. Tenor: Glasfaser darf es nicht nur an Rhein und Ruhr geben, sondern auch im Münsterland und in Südwestfalen, weil auch dort viele industrielle Arbeitsplätze sind.

Kirchhoff beklagt umweltpolitische Hemmnisse bei der Modernisierung von Industriegebieten ("Bei den Auflagen sattelt Nordrhein-Westfalen im Vergleich mit dem Bund immer nur drauf"). "NRW darf kein Naturschutzreservat sein", lautet sein Populär-Motto, das sich natürlich vor allem gegen umweltpolitische Auflagen der rot-grünen Regierung richtet. Und damit, ohne dass es Kirchhoff ausdrücklich sagt, gegen das Ressort des grünen Umweltministers Johannes Remmel. Aus Sicht des Präsidenten sollte das Wirtschaftsministerium im Lande ressortübergreifend koordiniert sein, als Querschnittsressort sozusagen. Das hieße in der Praxis vermutlich: Es könnte mehr Kompetenzen für Garrelt Duin respektive seinen Nachfolger im Amt geben, oder der (die) Ministerpräsident(in) müsste mehr als bisher verhindern, dass die Ressorts sich mit ihren Entscheidungen gegenseitig blockieren.

"Eine starke Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne eine starke Wirtschaft ist alles nichts", sagt Kirchhoff. Noch sei das Fundament gut (auch wenn Nordrhein-Westfalen laut Unternehmer NRW bei Wachstum, Investitionen und Steuereinnahmen unter dem Bundesdurchschnitt liegt), aber dieses Fundament beginne zu bröckeln. NRW dürfe sich nicht mit mittleren Plätzen im Länderranking zufrieden geben oder gar mit hinteren Plätzen im Ländervergleich abfinden, fordert der Unternehmer.

Dass die Innere Sicherheit und soziale Fragen den Bürgern in der Momentaufnahme wichtiger sein könnten als die Wirtschaftsstärke des Landes, glaubt er nicht. Begründung: "Natürlich kann man mehr Polizisten fordern und mehr Kinderbetreuung. Aber beides kostet auch Geld, und das muss jemand erwirtschaften. Im Moment erklärt niemand den Bürgern, wie diese Dinge faktisch zusammenhängen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort