Düsseldorf NRW fällt bei Steuereinnahmen zurück

Düsseldorf · Im Ländervergleich ist NRW schwächer geworden. Insgesamt konnten die Länder ihre Einnahmen um 7,7 Prozent steigern.

Nordrhein-Westfalen hat im vergangenen Jahr pro Kopf erneut deutlich weniger Steuern eingenommen als der Durchschnitt der Bundesländer. Das geht aus einem vertraulichen Brief von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an seine Länderkollegen hervor, der unserer Redaktion vorliegt. Demnach ist das Pro-Kopf-Steueraufkommen in NRW auf 94,8 Prozent des Bundesdurchschnitts gesunken. Dagegen erreichte Bayern 131,7 Prozent, Baden-Württemberg 117 Prozent und Hessen 126,6 Prozent. Im Vorjahr schaffte NRW noch 96,9 Prozent vom Bundesdurchschnitt. Im Jahr 2010, dem letzten Amtsjahr der schwarz-gelben Vorgängerregierung, lag NRW mit 100,5 Prozent noch minimal über dem Durchschnitts-Pro-Kopf-Steueraufkommen der Länder.

Offenbar ist die Wirtschaft im Durchschnitt der Länder etwas schneller gewachsen als in Nordrhein-Westfalen. Denn ein hohes Steueraufkommen setzt eine starke Wirtschaft voraus. Die Vergleichszahlen bilden die pure Steuerkraft der Länder ab und sind um verzerrende Effekte wie den Umsatzsteuerausgleich oder Bundesergänzungszuweisungen bereinigt.

"Die Steuerkraft Nordrhein-Westfalens betrug im Jahr 2015 mit einem Betrag von 1.794 Euro je Einwohner rund 96,9 Prozent des Länderdurchschnitts", bestätigte das NRW-Finanzministerium. 2016 habe NRW zwar rund 1,5 Milliarden Euro mehr eingenommen, womit die Steuerkraft des Landes um 68 Euro auf 1862 Euro je Einwohner gestiegen sei. Da sie in anderen Ländern aber stärker gestiegen sei, sei NRW 2016 im Ländervergleich gegenüber dem Vorjahr zurückgefallen. "Das bundesdurchschnittliche Wachstum fiel durch die großen Zuwächse in den Ländern Hessen, Bayern und Baden-Württemberg und Bremen jedoch noch höher aus. Dadurch sank die relative Steuerkraft von NRW auf 94,8 Prozent des Länderdurchschnitts", so das NRW-Finanzministerium.

Tobias Hentze, Experte für öffentliche Finanzen beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW), sieht die Ursachen für das schlechtere Abschneiden Nordrhein-Westfalens auch in der Landespolitik. "Wir sehen, dass das Steueraufkommen in Bundesländern mit einer wirtschaftsfreundlicheren Politik schneller wächst", sagte Hentze. In NRW leide die Wirtschaft hingegen unter einer vergleichsweise hohen Regulierungsdichte, einer relativ schwachen Infrastruktur und "Bildungseinrichtungen, die für Eliten in anderen Bundesländern offenbar attraktiver sind", so Hentze.

Auch das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) forderte im vergangenen Jahr im Rahmen einer Konjunkturanalyse von der Landesregierung: "Die Landespolitik sollte Mittel für Forschung und Bildung erhöhen und ein wachstumsfreundliches Klima schaffen." NRW müsse attraktiver für innovative Unternehmen werden. "Hierzu sind Verbesserungen auf breiter Front erforderlich, die vom Breitbandausbau bis zum flächendeckenden Angebot von Kinderbetreuung reichen." Wachstumshemmend seien auch die hohen Steuersätze. "Viele NRW-Kommunen sind stark verschuldet, verschlechtern durch eine hohe Besteuerung aber ihre Position im Standortwettbewerb", so das RWI.

Die Länder insgesamt konnten ihre Steuereinnahmen im vergangenen Jahr deutlicher steigern als der Bund, wie aus dem jüngsten Monatsbericht des Bundesfinanzministeriums hervorgeht, der heute veröffentlicht wird. Demnach haben die Länder mit insgesamt 288,7 Milliarden Euro knapp 21 Milliarden Euro oder 7,7 Prozent mehr als im Vorjahr eingenommen. Die Einnahmen des Bundes wuchsen dagegen nur um 7,4 Milliarden oder 2,6 Prozent auf insgesamt 289 Milliarden Euro. Insgesamt konnte der Fiskus, zu dem auch Gemeinden und EU zählen, seine Steuereinnahmen um 28 Milliarden Euro oder 4,5 Prozent auf 648,3 Milliarden Euro steigern. Im Dezember 2016 stiegen die Steuereinnahmen um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.

(mar)
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