Gutachten NRW-Trödelmarktgesetz "verfassungswidrig"

Düsseldorf · Seit sechs Monaten arbeitet NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin an einem Verkaufsverbot für Neuwaren auf Jahrmärkten. Ein Geheimpapier nennt jetzt Eckpunkte für das Gesetz. Laut Gutachten ist es "verfassungswidrig".

 Das "Marktgesetz" soll den Einzelhandel schützen.

Das "Marktgesetz" soll den Einzelhandel schützen.

Foto: Jazyk, Hans

Das "Marktgesetz", mit dem NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) zum Schutz des Einzelhandels den Verkauf von Neuwaren auf Jahr- und Trödelmärkten stark einschränken will, droht zu scheitern. Der Verband Deutscher Marktgestalter (VDM) hat dazu ein Gutachten vom ehemaligen Richter am Bundesverwaltungsgericht, Martin Pagenkopf, vorgelegt. Ergebnis: "Das geplante Marktgesetz NRW ist verfassungswidrig und unionsrechtswidrig."

Doch damit nicht genug. Auch in der "Clearingstelle", die nach dem neuen NRW-Mittelstandsgesetz alle wichtigen Gesetzesvorhaben passieren müssen, formiert sich Widerstand. In einem vertraulichen Prozess hat der Wirtschaftsminister vor wenigen Tagen die "Eckpunkte der Landesregierung für das Gesetzesvorhaben" in dieses Gremium gegeben. Dort müssen hochrangige Wirtschaftsvertreter jetzt eine Stellungnahme dazu formulieren. "Die Eckpunkte sind viel zu dünn. Dazu kann man keine Position entwickeln", klagt ein beteiligter Wirtschaftsvertreter. Er habe "den Eindruck, die Clearingstelle soll jetzt der Sündenbock werden, an dem das Marktgesetz scheitert."

NRW drohe, Kompetenzen des Bundes zu verletzten

Laut dem Eckpunktepapier soll das umstrittene Marktgesetz "lediglich Jahrmärkte" erfassen, "auf denen (. . .) Waren aller Art verkauft werden können". Aber der Neuwarenverkauf auf den Jahrmärkten soll nicht komplett verboten werden. Von Ausnahmeregelungen "sollen die Märkte erfasst werden, die keinen vorrangig kommerziellen Charakter haben". Damit will Duin verhindern, dass er Kirmesveranstaltungen, Weihnachts- und Brauchtumsmärkte in NRW gefährdet. Zur Sicherheit sieht das Eckpunktepapier "einen nicht abschließenden Katalog" von Ausnahmen vor.

Das Pagenkopf-Gutachten stellt aber fest, dass Regeln solcher Art viel zu schwammig für ein Gesetz sind. Denn wenn der NRW-Gesetzgeber "die von ihm angenommene Problematik der Jahrmärkte mit dem angeblich überhand nehmenden Verkauf von Neuwaren regeln will, ist er zur genauen Abgrenzung (. . .) gezwungen." So sei "genau zu klären, welche Jahrmärkte zu welchen Zeiten von welchen Veranstaltern (...) mit welchen Folgerungen für den angeblichen Regelungsbedarf bestehen (...)." Pagenkopf stellt fest, dass Duins bislang bekannte "Marktgesetz"-Pläne gegen ein halbes Dutzend Grundgesetze verstößt, etwa das Recht auf Berufsfreiheit. Außerdem drohe NRW mit dem Gesetz die Kompetenzen des Bundes zu verletzen.

Die Wirtschaft soll helfen

Die juristischen Probleme soll nun offenbar die Wirtschaft lösen. Die Clearingstelle hat das heiße Eisen schon weiter gereicht und bittet nun die Wirtschaftsverbände um Antworten auf so schwierige Fragen wie: "Wie hoch beträgt durchschnittlich der prozentuale Anteil der Neuware auf sonntäglichen Flohmärkten?" oder "Welche Auswirkungen hat der Verkauf von Neuware auf Flohmärkten an Sonn- und Feiertagen auf den stationären Handel?" Außerdem stellt sie der Wirtschaft auch Fragen, die eigentlich nur die Verwaltung beantworten kann. Zum Beispiel: "Welche Auswirkungen ergeben sich für Ordnungsbehörden infolge der gesetzlichen Festschreibung eines Neuwarenverkaufsverbotes auf Flohmärkten an Sonn- und Feiertagen?"

Die Kritik aus der Wirtschaft ist anonym, weil der Clearing-Prozess vertraulich ist. Aber sie ist deutlich. "Das sind Fragen, die der Minister selbst beantworten muss. Erst die Antworten können Grundlage für Stellungnahmen sein", sagt ein Beteiligter. Das weist das Wirtschaftsministerium zurück. "Das Clearingverfahren und die Arbeit der Geschäftsstelle liegen allein in den Händen der Selbstverwaltung. Dort und nicht im Ministerium müssen Erfahrungen bewertet werden", antwortete gestern ein Sprecher auf die Kritik.

(RP)
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