Höhere Freibeträge, mehr Kindergeld Gabriel verzögert Schäubles Mini-Steuerentlastungen

Arbeitnehmer und Familien sollen nach Plänen von Finanzminister Wolfgang Schäuble um Mini-Beträge zwischen 2 und 13 Euro monatlich entlastet werden. Doch der Wirtschaftsminister grätscht dazwischen: Sigmar Gabriel hat ein Veto gegen die schnelle Verabschiedung der Pläne eingelegt.

 Vizekanzler Sigmar Gabriel (Archiv) hat sein Veto gegen Schäubles Pläne eingelegt

Vizekanzler Sigmar Gabriel (Archiv) hat sein Veto gegen Schäubles Pläne eingelegt

Foto: afp

Nach den Plänen Schäubles sollen die Steuerzahler zu Beginn des Wahljahrs 2017 minimal entlastet werden. Schäuble (CDU) will die vergangene Woche angekündigten Entlastungen zügig auf den Weg bringen, damit sie noch vor Jahresende vom Bundestag und vom Bundesrat beschlossen werden können und bereits zum 1. Januar 2017 in Kraft treten. Der entsprechende Gesetzentwurf sollte möglichst noch Ende September ins Kabinett kommen, hieß es in Koalitionskreisen.

Doch Gabriel hat nach ARD-Informationen einen so genannten Leitungsvorbehalt gegen Schäubles Pläne eingelegt: Vorerst kann der Gesetzentwurf deshalb nichts ins Kabinett kommen. Schäuble habe noch gar nicht den Regierungsbericht vorgelegt, der Grundlage der Steuerentlastungen sein solle, hieß es in der SPD. Gabriel wolle den Existenzminimuimimbericht des Finanzministeriums, der im Dezember erscheint, erst abwarten, bevor er den Steuerentlastungen zustimme. Dadurch droht nun aber die Verabschiedung der Pläne noch im laufenden Jahr zu scheitern. Voraussichtlich müssen die Steuerentlastungen dann rückwirkend zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.

Die Bürger sollen nach Schäubles bisherigen Plänen durch die Erhöhung des steuerlichen Grund- und des Kinderfreibetrags, mehr Kindergeld und durch Tarifkorrekturen bei der Einkommensteuer in den kommenden beiden Jahren um insgesamt gut sechs Milliarden Euro entlastet werden. Zwei Milliarden Euro davon entfallen auf das Jahr 2017. Im Geldbeutel der Steuerzahler macht sich die Entlastung 2017 jedoch nur wenig bemerkbar: Sie liegt je nach Einkommen und Familienstand zwischen zwei und 13 Euro pro Monat, wie Berechnungen des Bundes der Steuerzahler für unsere Zeitung zeigen.

Freibeträge steigen mit Lebenshaltungskosten

Mit der Mini-Entlastung setzt Schäuble gesetzliche Vorgaben um. So wird in Kürze der sogenannte Existenzminimum-Bericht erwartet. Darin ist festgelegt, wie hoch das jährliche steuerfreie Existenzminimum für Erwachsene und Kinder sein muss. Da die Lebenshaltungskosten steigen, erhöhen sich regelmäßig auch die Freibeträge. Steigt der Kinderfreibetrag, wird in der Regel auch das Kindergeld erhöht, von dem vor allem Geringverdiener profitieren, die keine oder nur geringe Steuern zahlen.

Schäuble plant, den Grundfreibetrag von derzeit 8632 Euro 2017 um 170 Euro und 2018 um weitere 200 Euro zu erhöhen. Davon profitieren alle Steuerzahler. Denn ab Januar werden bei einem Ledigen dann erst ab einem zu versteuernden Einkommen ab 8822 Euro pro Jahr Steuern fällig. Bei Eheleuten verdoppelt sich dieser Betrag auf 17.644 Euro.

Auch der Kinderfreibetrag soll 2017 steigen - und zwar von derzeit 7248 Euro auf künftig 7358 Euro. Im zweiten Schritt steigt der Freibetrag 2018 um weitere 100 Euro an. Für Mütter und Väter bleibt dieser Betrag pro Kind und Jahr steuerfrei. Da der Freibetrag nur Eltern mit höheren Einkommen zugutekommt, hebt die Regierung auch das Kindergeld an, um Geringverdiener nicht zu benachteiligen. Zuletzt war das Kindergeld Anfang 2016 um zwei Euro erhöht worden, ab Januar 2017 steigt es nun erneut um zwei Euro im Monat. Für die ersten beiden Kinder beträgt es derzeit 190, für das dritte Kind gibt es 196 Euro vom Finanzamt. Ab Kind Nummer vier werden jeweils 221 Euro ausgezahlt. Eine Anhebung kostet den Staat jährlich mehr als 200 Millionen Euro.

Zudem will Schäuble Arbeitnehmer beim Einkommensteuertarif zusätzlich geringfügig entlasten, indem die sogenannte "kalte Progression" bekämpft wird. Dieser Effekt entsteht, wenn Lohnerhöhungen lediglich die Inflation ausgleichen und die Kaufkraft des Betroffenen nicht steigt. Durch den progressiven Tarifverlauf bei der Einkommensteuer zahlt er dann überproportional mehr Steuern. Bei niedriger Inflation ist dieser Negativ-Effekt geringer, die Korrektur durch Schäuble ist für den Fiskus entsprechend billiger. Um die Mehrbelastungen durch die "kalte Progression" auszugleichen, werden die Eckwerte des Steuertarifs leicht nach rechts verschoben. 2017 sollen die Eckwerte um 0,7 Prozent angehoben werden, 2018 um weitere 1,5 Prozent.

Diese Pläne verfolgt Schäuble unabhängig von seiner Ankündigung, die Steuerzahler in der nächsten Wahlperiode um weitere 15 Milliarden Euro jährlich entlasten zu wollen. Dennoch ist Reiner Holznagel, Präsident des Steuerzahlerbundes, unzufrieden. "Die vollmundig angepriesenen Erleichterungen - Anpassungen von Grundfreibetrag und Kinderfreibetrag - sind keine Leistung, sondern selbstverständlich. Dazu ist die Politik per Verfassung sogar verpflichtet", sagte Holznagel.

(mar)
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