Thomas Hegel "Nur zufriedene Mieter bringen stabile Erträge"

Der Chef des Immobilien-Konzerns LEG sieht eine Trendwende auf dem Wohnungsmarkt: Die extremen Rendite-Vorgaben, mit denen ausländische Investoren lange Druck ausübten, seien neuen Geschäftsmodellen gewichen.

Düsseldorf LEG-Chef Thomas Hegel stand zwei Wochen im Zentrum eines Orkans, der durch die deutsche Immobilienbranche gewirbelt ist. Erst wollte sein Wettbewerber Deutsche Wohnen den Düsseldorfer Großvermieter schlucken. Dann gaben die Berliner auf, weil sie nun selbst von der Bochumer Vonovia geschluckt werden sollen. Hegel ist entspannt. Für ihn und "seine" LEG bleibt alles, wie es ist. Vorerst.

Wie wappnen Sie sich gegen den nächsten Angriff?

Hegel Ich sehe uns nicht als Teil einer Übernahme - weder aktiv noch passiv. Die Konsolidierung auf dem deutschen Wohnungsmarkt hat ihren Zenit überschritten. Die großen Player sind satt, die kleinen passen nicht in deren Konzept. Nun müssen die neuen Großkonzerne beweisen, dass ihre Größe sich auch in steigenden Renditen niederschlägt.

Sie sind also das Mauerblümchen, das keiner will?

Hegel Wir sind ganz sicher nicht die sitzengelassene Braut. Wir sind ein starkes Unternehmen, das gerade in seiner eigenständigen Strategie bestätigt wurde. Wir haben eine Alternative zum bloßen Wachstum: Was wir kaufen, ist vom ersten Tag an profitabel. Wir wachsen in kleinen Schritten, dafür aber mit kleinem Risiko und vor allem nachhaltig. Das kommt im Markt gut an, übrigens auch bei Mietern und Kommunen.

Was heißt die Fusionswelle für die Mieter?

Hegel Wenn es gut gemacht wird, gar nichts. Die Mietverhältnisse sind gesetzlich geschützt.

Das war aber mal anders. Die Warnung der Mieterverbände vor den britischen Heuschrecken kam ja nicht von ungefähr . . .

Hegel Der extreme Druck der Eigentümer auf die Renditen, den diese Branche etwa in den Jahren 2005 bis 2013 gesehen hat, ist verschwunden. Das war eine Ära, die sehr von angelsächsischen Investoren geprägt war. Inzwischen haben aber auch die internationalen Investoren begriffen, dass das in Deutschland so nicht funktioniert. Hier brauchen wir zufriedene Mieter, geringe Leerstände und geringe Fluktuation. Nur das bringt langfristig stabile Erträge.

Sie haben Ihren Aktionären im Rahmen der Fusion Einsparpotenziale von 35 Millionen Euro versprochen. Wo nehmen Sie die jetzt her?

Hegel Das Geld fehlt uns ja nicht. Es wäre nur ein zusätzlicher Sparerfolg gewesen, den wir etwa durch die Zusammenlegung der Zentralen erreicht hätten. Weitere Vorteile hätten wir durch die Verbesserung des Ratings erzielt. Zusammen mit der Deutschen Wohnen hätten wir beispielsweise weitere Finanzierungsvorteile gehabt.

Noch einmal: Wo sparen Sie jetzt stattdessen?

Hegel Unser laufendes Effizienzsteigerungsprogramm geht weiter. Aber der Abbau von 80 bis 100 Jobs hier in der Düsseldorfer Zentrale, den es bei der Fusion wahrscheinlich gegeben hätte, ist nun vom Tisch. Wir bauen kein Personal ab.

NRW hat zwei der größten europäischen Wohn-Konzerne. Warum müssen Flüchtlinge in Zelten schlafen?

Hegel Die LEG hat schon über 450 Wohnungen an Flüchtlinge vergeben. Gemeinsam mit anderen Immobilienkonzernen bereiten wir gerade eine neue Initiative zur Versorgung von Flüchtlingen mit Wohnraum vor. Wir sind überzeugt, dass hier bei entsprechender Organisation noch sehr viel mehr geht. Ich denke, ein realisierbares Ziel könnte die Bereitstellung von zusätzlichen 50.000 bis 100.000 leeren Wohnungen für die Unterbringung von Flüchtlingen in NRW sein.

Woher kommt die Zahl?

Hegel Wir haben in NRW fast zehn Millionen Wohnungen, der Leerstand liegt bei knapp vier Prozent. Es sollte möglich sein, einen Teil davon anzubieten.

Das Land kann verstreut lebende Flüchtlinge schlechter versorgen . . .

Hegel . . . was ist die Alternative? Es ist leichter, die Infrastruktur zu dezentralen Flüchtlings-Wohnungen zu bringen, als zentral neuen Flüchtlings-Wohnraum aufzubauen. Bis da ein neues Sozialwohnheim entsteht, vergehen mindestens zwei Jahre.

T. REISENER FÜHRTE DAS GESPRÄCH. MEHR UNTER WWW.RP-ONLINE.DE/LEG

(RP)
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