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Berlin Ökostrom: Industrierabatte bleiben

Berlin · Energieminister Gabriel und EU-Kommission legen ihren Streit bei. 500 Betriebe verlieren zwar ihren bisherigen Rabatt, Alu- und Stahlunternehmen bleiben aber verschont. Zugleich droht ein weiterer Anstieg des Strompreises.

Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) und sein Staatssekretär Rainer Baake (Grüne) sahen übernächtigt aus, als sie gestern vor die Presse traten: Bis in die Morgenstunden hatten sie mit der EU-Kommission verhandelt, um zu verhindern, dass die energieintensive deutsche Industrie künftig deutlich mehr für die Ökostrom-Förderung bezahlen muss. Am Ende erzielten sie den erwünschten Verhandlungserfolg: Die Vergünstigungen für die Betriebe müssen zwar auf ein völlig neues System umgestellt werden. Doch das Entlastungsvolumen für die Industrie bleibt insgesamt unverändert bei fünf Milliarden Euro pro Jahr.

Entsprechend erleichtert reagierten die Industrieverbände. Damit bleibe eine wettbewerbsfähige Stahlproduktion in Deutschland weiter möglich bleibe, meinte Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Sigmar Gabriel betonte: "Es geht nicht um Industrielobbyismus, es geht um Hunderttausende Arbeitsplätze im Land." Die Regelungen im Detail:

Industrierabatte Die EU hatte ein Beihilfeverfahren gegen Deutschland eingeleitet, weil sie in den Vergünstigungen für die Betriebe eine unerlaubte Subvention sah. Heute will die EU-Kommission energiepolitische Leitlinien vorstellen, die die Rabatte und andere Details für alle EU-Staaten einheitlich regeln sollen. Das System der Rabattierung muss demnach auch in Deutschland komplett umgestellt werden.

Bisher haben etwa 2100 Betriebe, die bestimmte Kriterien erfüllten, oft nur 0,05 Cent pro Kilowattstunde für die Ökostrom-Umlage bezahlen müssen. Für private Verbraucher und andere Unternehmen beträgt sie dagegen derzeit 6,24 Cent. Die privilegierten Betriebe werden so 2014 um insgesamt 5,1 Milliarden Euro entlastet. Künftig werden die Unternehmen in drei Gruppen eingeteilt. Gehören sie einer der 65 Branchen an, die die EU-Kommission als förderungswürdig anerkennt, müssen sie künftig 15 Prozent der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bezahlen, das sind etwa ein Cent pro Kilowattstunde. Wenn sie besonders energieintensiv sind wie etwa die Aluminium- oder Stahlhersteller, fallen sie in eine zweite Gruppe. Dann wird ihre EEG-Umlage auf 0,5 bis vier Prozent ihrer Bruttowertschöpfung gedeckelt. Bei der Wirtschaftsvereinigung Stahl in Düsseldorf hier es, man wisse noch nicht, wie hoch die EEG-Umlage in Cent künftig ausfallen werde, doch sei das Schlimmste damit verhindert worden.

Die dritte Gruppe sind jene etwa 500 Unternehmen, die künftig nicht mehr zu den 1600 privilegierten Betrieben gehören. Für sie gibt es bis 2018 eine Übergangsregelung: Sie sollen künftig 20 Prozent der Umlage zahlen. Auch die größeren Schienenbahnen und damit die Deutsche Bahn AG gehören in diese Gruppe.

Ausbau-Ziele Das Kabinett hat gestern die Novelle des EEG beschlossen, die bereits am 1. August in Kraft treten soll. Demnach soll der Ökostrom-Ausbau künftig gezielter gesteuert werden: Bis 2015 soll er einen Anteil von 40 bis 45 Prozent am Stromverbrauch erreichen, bis 2035 dann 55 bis 60 Prozent.

Windenergie Jedes Jahr sollen nur 2500 Anlagen hinzugebaut werden. Nähert sich der Ausbau diesem Wert, sinkt automatisch die Förderung für weitere Windräder. Die Länder konnten durchsetzen, dass der Ersatz alter Turbinen durch leistungsstärkere (Repowering) nicht hinzugerechnet wird. Das Ausbauziel der Offshore-Wind wird bis 2020 auf 6,5 Gigawatt beschränkt, zuvor waren zehn geplant.

Direktvermarktung Bislang verkaufen die Netzbetreiber die Öko-Energie an der Börse für die Anlagenbetreiber, die auf 20 Jahre garantierte Vergütungssätze erhalten. Künftig muss der Strom aus größeren Öko-Anlagen von den Produzenten selbst verkauft werden. Dafür erhalten sie eine zusätzliche Prämie. Ab 2017 soll diese Prämie umgewandelt werden in einen Vorab-Aufschlag auf den Marktpreis, der über eine Versteigerung des Ökostroms erzielt wird. Wer die geringste Prämie verlangt, bekommt den Zuschlag für den Bau eines neuen Windrads oder Solar-Fläche.

Eigenstrom Von der Industrie selbst erzeugter Strom bleibt komplett von der EEG-Umlage befreit. Auch hier kam Gabriel der Wirtschaft weit entgegen, denn 30 Prozent aller Betriebe stellen ihren Strom selbst her. Neue Eigenstrom-Anlagen werden mit maximal 15 Prozent der EEG-Umlage belastet.

Strompreis "Wir versprechen keine sinkenden Strompreise", betonte Gabriel gestern. Die EEG-Reform helfe aber dabei, den Anstieg der Kosten in den kommenden Jahren zu bremsen. 2015 könnte die EEG-Umlage sogar kurzzeitig sinken, das hänge aber von den Sonnenzeiten im Sommer ab. Nach internen Berechnungen des Wirtschaftsministeriums könnte die Umlage bis 2020 allerdings weiter auf 7,7 Cent pro Kilowattstunde steigen. Dies erhöht dann auch weiter den Strompreis. Bisher belastet die Ökostrom-Förderung einen Durchschnittshaushalt bereits mit 200 Euro im Jahr.

(mar)
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