Berlin Ökostrom-Umlage auf alle neuen Solaranlagen

Berlin · Neue Eigenversorger, vom Industrieunternehmen bis zur Privatperson, sollen künftig 40 Prozent der Umlage zahlen.

Alle Besitzer neuer Solaranlagen sollen künftig eine Abgabe für den selbst produzierten und genutzten Ökostrom bezahlen. Darauf haben sich die Unterhändler der Unions- und der SPD-Fraktion geeinigt, hieß es gestern aus Koalitionskreisen. Demnach sollen alle Selbstversorger vom Industrieunternehmen bis zum Bürger mit einer Solaranlage auf dem Dach künftig 40 Prozent der Ökostromumlage je Kilowattstunde als "Soli" entrichten. Das wären derzeit rund 2,5 Cent. Damit soll einer Schieflage begegnet werden: Durch die steigende Selbstversorgerzahl werden die Umlagen und Abgaben beim Strompreis auf weniger Schultern verteilt, die anderen Verbraucher zahlen mehr. Zuerst hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" über die Verschärfung berichtet.

Ob der Bundestag die geplante Mindest-Umlage Ende Juni billigen wird, ist noch unklar. Die Pläne dürften allerdings im Sinne der Ländermehrheit im Bundesrat sein. Baden-Württembergs-Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte gestern nach der Ministerpräsidentenkonferenz: "Wir sind der Ansicht, dass die Umlage nach unten korrigiert werden muss." Bisher war geplant, dass neue kleine Solaranlagen mit weniger als zehn Megawatt ausgenommen bleiben.

Industrieunternehmen, die sich ab 2015 mit neuen fossilen Kraftwerken selbst versorgen, oder Supermärkte, die künftig Anlagen montieren und Solarstrom selbst nutzen, sollten nach den ursprünglichen Plänen von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zunächst eine Mindestabgabe von 50 Prozent der Umlage zahlen. Nun sind 40 Prozent vorgesehen. Für alle bestehenden Anlagen zur Eigenstromversorgung wird dagegen keine Abgabe fällig.

Gegen den neuen Vorschlag formierte sich Widerstand. "Mit der ,Sonnensteuer' killt die Bundesregierung die bürgernahe Energieversorgung", sagte Grünen-Chefin Simone Peter. Der Begriff "Sonnensteuer" wurde als Kampfbegriff von der Solar-Lobby geprägt. "Kleine Erneuerbare-Energien-Anlagen und umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen dürfen nicht über Gebühr belastet und vor allem nicht mit umweltschädlichen fossilen Kraftwerken für die Selbstversorgung gleich gestellt werden", sagte Peter.

Im Hintergrund geht es auch um Marktanteile: Versorgen sich Industrie und Bürger zunehmend selbst mit Strom, verlieren Energieversorger Marktanteile. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hatte daher Druck gemacht, alle neuen Selbstversorger mit Strom, auch kleine Solaranlagenbesitzer, mit einer Abgabe zu belasten.

Der Verbraucherschützer Holger Krawinkel sieht dadurch aber kaum Entlastungen für die anderen Stromverbraucher. Bei einer Belastung des Photovoltaik-Eigenverbrauchs von 40 Prozent liege das Volumen bei 56 Millionen Euro im Jahr und damit bei nur wenigen Cent pro Haushalt im Monat, sagte Krawinkel vom Bundesverband Verbraucherzentrale.

Die CDU-Landesgruppe Baden-Württemberg im Bundestag forderte Korrekturen: Die Nutzung selbst erzeugten Stroms solle weiter gefördert, der Biomasse-Ausbau nicht abgewürgt werden. "Wir wollen die Energiewende zum Erfolg machen, deshalb brauchen wir hier noch Bewegung", sagte der Landesgruppenchef, CDU-Vize Thomas Strobl.

(dpa/mar)
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