Befreiung von Netzentgelten Oettinger warnt deutsche Industrie vor Rückzahlungen

Hamburg/Brüssel · Müssen deutsche Unternehmen Milliarden zurückzahlen, die sie wegen der Befreiung bei den Netzentgelten gespart haben? Die Gefahr sieht EU-Energiekommissar Oettinger.

 Günther Oettinger warnt vor Sanktionen der Europäischen Kommission.

Günther Oettinger warnt vor Sanktionen der Europäischen Kommission.

Foto: dpa, Tobias Hase

EU-Energiekommissar Günther Oettinger hat die deutsche Industrie laut einem "Spiegel"-Bericht vor harten Sanktionen der Europäischen Kommission gewarnt. Hintergrund ist das vor einigen Wochen eingeleitete Wettbewerbsverfahren zur Befreiung energieintensiver Unternehmen von Teilen der mit dem Ökostromausbau verbundenen Netzentgelte. Die deutsche Ausnahmeregelung werde von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia als unzulässige Beihilfe gewertet.

Im günstigsten Fall würden diese Beihilfen nach Oettingers Einschätzung von der Kommission in Zukunft verboten. Im ungünstigsten Fall müssten die Unternehmen die bislang eingesparten Gelder zurückerstatten. Dabei könnte es sich um Milliardenbeträge handeln.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte mit Blick auf das Beihilfeverfahren angekündigt, man wolle die Befreiung energieintensiver Unternehmen von den Netzentgelten gegen die EU-Kommission verteidigen. "Wir glauben, dass die Befreiung der Netzentgelte richtig ist, dort wo Unternehmen im internationalen Wettbewerb stehen", hatte Merkel betont.

Oettinger plädiert laut "Spiegel" im Kreis der EU-Kollegen dafür, Sanktionen gegen Deutschland aufzuschieben und auf Veränderungen nach der Bundestagswahl zu setzen. "Der rückwirkende Wegfall der Stromsubventionen wäre existenzbedrohend für viele Unternehmen", sagte er dem "Spiegel".

Die Zahl der Betriebe, die in Deutschland von Netzentgelten ganz oder teilweise befreit wurden, hat sich in den vergangenen Jahren drastisch erhöht. Waren im Jahr 2011 etwa 1600 Unternehmen befreit, hat sich die Zahl im Folgejahr auf rund 3400 mehr als verdoppelt. Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Grünen im Bundestag hervor, die dem "Spiegel" vorliegt. Damit sparten Großunternehmen mit hohem Energieverbrauch allein in diesem Jahr mehr als 800 Millionen Euro.

Kritiker monieren, dass dieses Geld von den anderen Stromverbrauchern aufgebracht werden muss. Brüssel vermutet unerlaubte Beihilfen.

(dpa/jco)
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