Frankfurt/M. "Pizzawelle" an der deutschen Börse

Frankfurt/M. · Das Umfeld ist günstig für Börsengänge. Der Lieferdienst "Delivery Hero" und die Kette "Vapiano" wollen ihr Glück versuchen.

Jetzt wird es schmackhaft an der Deutschen Börse. Industriewerte gibt es dort genug, Finanzdienstleister auch. Nun formiert sich eine Art "Pizzawelle", die auf die Börse zurollt. Besser gesagt: Auf das Geld der Anleger.

Diese Woche hat der Essens-Lieferdienst Delivery Hero seinen Börsengang angekündigt. Und auch die auf Pizza und Pasta spezialisierte Restaurant-Kette Vapiano zieht es an den Aktienmarkt.

Das Start-up Delivery Hero hat unter seinem Dach inzwischen eine ganze Reihe Start-ups versammelt. Man kennt das Unternehmen etwa durch die radelnden Pizzaboten mit den umgeschnallten pinkfarbenen Thermorucksäcken der Marke "Foodora". Auch der Bestelldienst "Pizza.de" gehört zum Unternehmen, genauso wie "Lieferheld".

Über den Schritt an die Börse war bereits seit Langem spekuliert worden. Speziell bei der Start-up-Schmiede Rocket Internet, einem der größten Investoren bei Delivery Hero, dürfte man darauf hoffen: Das frische Geld würde schließlich dabei helfen, auch die eigenen Aktionäre von der Zukunftsfähigkeit des eigenen Geschäftsmodells zu überzeugen. Nachdem zuletzt Großaktionär Kinnevik angekündigt hatte, sich von seinen Rocket-Internet-Anteilen trennen zu wollen, kann man gute Nachrichten in Berlin dringend brauchen.

Der Börsengang könnte so eine Nachricht sein. Es könne sein, dass er rund eine Milliarde Euro schwer wird, heißt es in Börsenkreisen. Vorstand Niklas Östberg hat das gegenüber Journalisten aber nicht bestätigt. Bisher hieß es lediglich, dass Delivery Hero neue Aktien ausgeben und damit rund 450 Millionen Euro einnehmen will. Das Unternehmen will damit Schulden tilgen und expandieren, etwa die Übernahme des Essens-Lieferdiensts Carriage aus Kuwait finanzieren.

Sicher ist aber, dass sich auch Altaktionäre von Anteilen trennen wollen, vor allem der mit 35 Prozent beteiligte Großaktionär Rocket Internet. Auch für den Risikokapitalgeber Tengelmann Ventures könnte sich eine Gelegenheit zum Ausstieg bieten. Laut "Gründerszene" halten die Mülheimer noch ungefähr zwei Prozent der Firmenanteile.

"Wir tun nur das, was für das Geschäft gut ist", hatte Östberg im vergangenen Jahr bei einer Veranstaltung in der Tengelmann Firmenzentrale gesagt, als über den Börsengang gescherzt wurde. Früher oder später werde man an die Börse gehen, aber "wir werden es machen, wenn der Zeitpunkt richtig ist".

Nun könnte es bald soweit sein. Werden die kolportierten Preise gezahlt, könnte Delivery Hero mit bis zu 3,5 Milliarden Euro bewertet werden: Viel Geld für ein Unternehmen, das bisher keine Gewinne eingefahren hat. Aber es ist bei schnell sinkenden Verlusten stark gewachsen. Delivery Hero besteht seit 2011 und ist in gut 40 Ländern vertreten. Mehr als 6.000 Mitarbeiter sind damit beschäftigt, Menüs aus mehr als 150.000 Restaurants auszuliefern. Voriges Jahr sank der operative Verlust von 175 auf 116 Millionen Euro.

Auch Vapiano will sich Geld holen. Die Restaurant-Kette braucht rund 85 Millionen Euro für neue Lokale. Auch hier wollen Altaktionäre Kasse machen, aber nur an institutionelle Investoren verkaufen.

Die Chancen stehen aktuell günstig. Bisher sind dieses Jahr fünf Unternehmen neu an die Börse gekommen - überwiegend mit gutem Erfolg. Weitere dürften bald folgen. Als weitere Börsenaspiranten gelten der Hamburger Krankenhauskonzern Asklepios, auch Teamviewer, der in Göppingen zur Weltmarktführerschaft herangereifte Spezialist für die Fernwartung von Computern. Dazu der hessische Lkw-Zulieferer Jost-Werke sowie Befesa aus Ratingen, ein Unternehmen für das Recycling von Wertstoffen aus der Stahl- und Aluminiumindustrie.

Und noch ein Lieferdienst könnte bald den Sprung aufs Börsenparkett wagen: Hello Fresh, das damit wirbt, speziell für Gerichte zusammengestellte frische Lebensmittel an die Tür zu bringen. Auch hier ist Rocket Internet größter Anteilseigner. Auch hier mischt ein Unternehmen aus NRW als Investor mit: Vorwerk Ventures, die Risikokapital-Tochter des Wuppertaler Thermomix-Herstellers. Und auch hier dürfte man sehnlichst darauf warten, mit dem Unternehmen Kasse zu machen.

(RP)
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