Koalitionsverhandlungen Politik will Lebensversicherern helfen

Berlin · Die künftige Koalition plant, die Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven der Anbieter zu verringern. In deren Kassen würde so mehr Geld bleiben. So sollen die schwächeren Anbieter gestärkt werden – zum Wohle aller.

Koalitionsverhandlungen: Politik will Lebensversicherern helfen
Foto: dpa, Arno Burgi

Die künftige Koalition plant, die Beteiligung der Kunden an den Bewertungsreserven der Anbieter zu verringern. In deren Kassen würde so mehr Geld bleiben. So sollen die schwächeren Anbieter gestärkt werden — zum Wohle aller.

Die Union und die SPD wollen gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode den unter der anhaltenden Niedrigzinsphase leidenden deutschen Lebensversicherern unter die Arme greifen. Die mögliche große Koalition werde "Lösungsvorschläge zum Umgang mit den Auswirkungen eines langanhaltenden Niedrigzinsumfeldes erarbeiten" und "im Interesse der Versicherten" Maßnahmen "zur Stärkung der Risikotragfähigkeit und Stabilität der Lebensversicherungen" ergreifen, heißt es im Entwurf eines gemeinsamen Papiers, das die Arbeitsgruppe Finanzen heute beschließen will.

"Das Thema Lebensversicherungen wird eines der ersten konkreten Projekte sein, die wir in der neuen Legislaturperiode umsetzen müssen", sagte SPD-Fraktionsvize Joachim Poß. "Im Ergebnis geht es um eine faire Behandlung der Versicherungen einerseits und der Versicherten aller Alterskohorten andererseits."

Konkret geht es darum, die Beteiligung der Versicherten an den sogenannten Bewertungsreserven der Anbieter zu reduzieren. Dadurch verbleibt mehr Geld in den Kassen der Versicherer. Derzeit müssen die Unternehmen 50 Prozent ihrer Reserven an die Lebensversicherungskunden ausschütten. Das hat das Bundesverfassungsgericht vor fünf Jahren entschieden.

Dass unter den Versicherern manche mit der Ausschüttung von Bewertungsreserven Probleme haben, liegt an der aktuellen Zinsentwicklung. Bei niedrigen Zinsen steigen beispielsweise die Kurse von Staatsanleihen, und das erhöht dann die Reserven bei festverzinslichen Wertpapieren. Sobald die Zinsen aber steigen, nehmen die vorhandenen Reserven ab. Geld, das zu diesem Zeitpunkt bereits an Versicherte ausgeschüttet worden ist, lässt sich nicht mehr zurückholen. Selbst wenn die Zinsen dann irgendwann wieder fallen sollten, stehen die zuvor vorhandenen Beträge nicht mehr für die Bildung neuer Reserven zur Verfügung.

Schwächeren haben schon genug Probleme

Das Phänomen könnte einige Versicherer in den nächsten Jahren in Not bringen. Es verschärft die Sorgen einer Branche, in der die Schwächeren in der Niedrigzinsphase ohnehin schon genug Probleme haben, die Garantieversprechen aus besseren Zeiten zu erfüllen — jenen Zeiten, in denen der Garantiezins (ihn dürfen Versicherer ihren Lebensversicherungskunden maximal versprechen) bei vier Prozent lag. Das ist an den Kapitalmärkten derzeit nicht zu erwirtschaften.

Die Branche hatte den jetzt von der möglichen künftigen Koalition geplanten Eingriff gefordert, weil die hohen Ausschüttungen an Kunden, deren Lebensversicherungen aktuell auslaufen, auch die Möglichkeiten der Unternehmen verringern, Gewinne mit neuen Geldanlagen zu machen. Diese hohen Ausschüttungen schaden also nicht nur den Unternehmen selbst, sondern im Zweifel auch jüngeren Kunden, deren Versicherungen erst in der späteren Zukunft fällig sind. Dagegen hat der Bund der Versicherten schon argumentiert, dass eine Aussetzung oder Senkung der Ausschüttungspflicht verfassungswidrig sein könnte.

Union und FDP hatten bereits Ende 2012 auf die Begrenzung der Ausschüttungen der Lebensversicherer gedrängt. Die SPD und vor allem die Grünen hatten sich dagegen der Meinung von Verbraucherschützern angeschlossen, die eine Verringerung der Ausschüttungen verhindern wollten. Die Begrenzung diene nur den Unternehmen, nicht den Versicherten, hieß es damals. Im Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat standen beide Seiten Anfang des Jahres aber bereits unmittelbar vor einer Einigung.

Die Ausschüttungen sollten demnach moderat begrenzt werden. Die Einigung wurde aber Ende Februar dann doch wieder gekippt — vor allem die Union befürchtete mit Blick auf die nahende Bundestagswahl den Unmut der älteren Versicherten. An das Vermittlungsergebnis vom Februar "wollen wir jetzt anknüpfen", kündigte Poß an. Die Regeln für die Ausschüttungen für die Bewertungsreserven dürften entsprechend im kommenden Jahr geändert werden.

(RP)
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