Lissabon Portugals Banken-Dynastie wankt

Lissabon · Zum Imperium von Espírito Santo gehört auch die private Großbank BES.

"Was nicht dem Staat gehört, gehört Espírito Santo." Dieser in Portugal oft benutzte Spruch verdeutlicht die Bedeutung der Banker-Dynastie im Südwesten Europas. Die Gründerfamilie der kriselnden Großbank BES (Banco Espírito Santo) ist für die Portugiesen das, was die Rockefellers für die USA oder die Agnellis für Italien sind. "Wenn Espírito Santo (zu Deutsch: Heiliger Geist) niest, ist Portugal erkältet", hieß es einst. Nun schrecken die Probleme des Familien-Firmengeflechts nicht nur die Portugiesen auf, sondern die Kapitalmärkte in ganz Europa.

Das Firmenimperium der Unternehmerfamilie ist ins Wanken geraten. Dabei hatte Portugal erst im Mai den EU-Rettungsschirm verlassen und auf bessere Zeiten gehofft. Die Krise des verschachtelten Konglomerats von Unternehmen hat indes Ängste vor einer neuen Banken- und Schuldenkrise aufkommen lassen. Portugals Staatspräsident Aníbal Cavaco Silva, Ministerpräsident Pedro Passos Coelho und Zentralbankchef Carlos Costa versicherten eiligst, dass die Finanzen der Bank gesichert seien.

Um die Bank von den Problemen anderer Unternehmen des Familienclans abzuschirmen, setzte die Zentralbank allerdings durch, dass die Führung des Geldhauses Hals über Kopf ausgewechselt wurde. Nun bestimmt kein Mitglied der Gründerfamilie mehr die Geschicke der Bank. Dies bedeutet für Portugal das Ende einer Ära. Der 70 Jahre alte Patriarch Ricardo Salgado, der in Portugal "Dono Disto Tudo" (Besitzer von allem hier) genannt wurde, musste nach 22 Jahren seinen Posten an der Spitze räumen.

Die Bank hatte die jüngste Finanzkrise ohne Staatshilfen überstanden. Die Turbulenzen im Imperium der Espírito Santo warfen jedoch einen Schatten auf das glänzende Bild, das das Geldhaus bisher abgegeben hatte. In der Gründerfamilie brach erstmals ein offener Machtkampf zwischen zwei Vettern aus. Zugleich wurde bekannt, dass einzelne Unternehmen der Gruppe Bilanzen gefälscht und Schulden verschleiert hatten. Zwei Teilbereiche der Gruppe GES (Grupo Espírito Santo) mussten Insolvenz anmelden. "Es ist unwahrscheinlich, dass die Familiensaga der Espírito Santo ein glückliches Ende nehmen wird", meinte die "Financial Times".

Der Begründer der Dynastie, José Maria de Espírito Santo e Silva, hatte 1869 in Lissabon mit 19 Jahren eine Wechselstube eröffnet, in der er auch Lose für Lotterien verkaufte. Der Mann hatte nach einer Chronik seinen Namen von einem Priester erhalten, seine Eltern waren laut Taufschein unbekannt. Er gründete mehrere Banken, aus denen später die Espírito-Santo-Bank (BES) hervor ging. Seine Devise lautete: "Mein Wort ist mein Kapital."

(dpa)
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