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Berlin/Düsseldorf Post will weiter mit Daten handeln

Berlin/Düsseldorf · Der Konzern nennt den Datenhandel seiner Tochter Post Direkt gängige Praxis. Die Landesdatenschutzbeauftragte will das prüfen.

Die Deutsche Post sieht nach den Diskussionen um den Datenhandel ihrer Tochterfirma Post Direkt keinen Anlass, ihre Arbeitsweise zu verändern. "Das ist gängige Geschäftspraxis, und wir sind auch nicht die Einzigen auf dem Markt", sagte ein Post-Sprecher auf Anfrage. Am Wochenende war bekannt geworden, dass über Post Direkt Datensätze an CDU und FDP vermietet wurden. Die beiden Parteien hatten die Daten für gezielte Wahlwerbung im Bundestagswahlkampf 2017 genutzt. "Es geht bei so etwas darum zu wissen: Straße A lohnt sich, Straße B eher nicht", sagte der Post-Sprecher.

Die Nutzung der Daten für den Bundestagswahlkampf hatte im Zuge der millionenfachen unerlaubten Auswertung von Facebook-Daten für Aufsehen gesorgt. Die Firma Cambridge Analytica hatte illegal erworbene Nutzerdaten unter anderem für den Wahlkampf von US-Präsident Donald Trump aufbereitet. Datenhandel steht immer wieder in der Kritik: Gestern wurde bekannt, dass die Dating-App Grindr, die vor allem von Homosexuellen genutzt wird, Daten über HIV-Erkrankungen der Nutzer weitergegeben haben soll.

Grundsätzlich ist der Handel mit Daten nicht illegal. Die Datensätze dürfen aber keine Rückschlüsse auf einzelne Personen zulassen. Ob die Datensätze der Post-Tochter ausreichend anonymisiert wurden, will Helga Block, die nordrhein-westfälische Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI), prüfen. Ihre Stelle ist die zuständige Aufsichtsbehörde für die Troisdorfer Tochterfirma der Post. "Ein konkreter Verdacht steht nicht im Raum", sagte ein LDI-Sprecher. Allerdings könnten durch einfache Zusatzinformationen aus kleinteilig anonymisierten Daten schnell personenbezogene Daten werden. Man könne aufgrund der Berichterstattung auch nicht abschließend einschätzen, auf welcher Datengrundlage die Prognosen für die Parteien erstellt worden seien und woher diese Daten stammten. Noch in dieser Woche soll der Post ein Fragenkatalog zugesandt werden.

Die Post beruft sich darauf, dass keine personenbezogenen Daten, sondern "statistische Wahrscheinlichkeitswerte" dargestellt worden seien. Die Wahrscheinlichkeitsanalysen stelle das Unternehmen aus gekauften Daten wie etwa vom Kraftfahrtbundesamt oder dem Einwohnermeldeamt sowie aus offenen Daten wie den Wahlergebnissen einzelner Stimmbezirke zusammen, erklärte der Sprecher. Die Daten bezögen sich somit nicht auf einzelne Haushalte, sondern auf sogenannte Mikrozellen von jeweils 6,6 Haushalten, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Von diesen Mikrozellen-Datensätzen wurden dann mehrere zur Verfügung gestellt. Auch die CDU erklärte, dass alle digitalen Aktivitäten unter "strikter Beachtung und Einhaltung der einschlägigen datenschutzrechtlichen Vorgaben" erfolgt seien. Die Lieferung der Potenzialanalyse bestand demnach aus dem Zugriff auf eine Kartenansicht.

Auch der Politikberater und Digitalexperte Johannes Hillje sieht in dem aktuellen Fall keinen Datenskandal. "Die Praxis der Post und der Parteien ist grundsätzlich legal und nicht vergleichbar mit den Machenschaften von Cambridge Analytica im Fall der Facebook-Daten", sagte er und warnte vor einer unsachlichen Debatte. Hillje hält solche Datensätze für bedingt aussagekräftig. Weil die Daten allgemeiner Art sind, werden sie für Wahrscheinlichkeitsrechnung genutzt. Von gezielter Manipulation könne man nicht sprechen, so Hillje.

Persönliche Daten, wie sie bei der Nutzung von Bonuskarten erhoben werden, sind für Parteien hingegen bedeutsamer. "Wer solche Angebote nutzt, willigt in die Weiterverarbeitung seiner Daten ein. Das ist nun mal das Geschäftsmodell, auch wenn verständlichere Verbraucherinformationen nötig sind", sagte Hillje. Er sieht eine Gefahr darin, dass Parteien ihre Werbebotschaften nur einzelnen, kleinteiligen Zielgruppen zuschicken und nicht mehr die Allgemeinheit gleich informieren. "Ich bin dafür, dass es künftig eine Transparenzpflicht für Parteien gibt", sagte Hillje. Damit könne vorgeschrieben sein, dass Wahlwerbung, die in sozialen Netzwerken nur kleinen Wählergruppen angezeigt werde, an anderer Stelle allen Wählern transparent gemacht werden müsse.

(jd)
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