Düsseldorf Postbote ist nicht gleich Postbote

Düsseldorf · Die Post will über ein zusätzliches dreijähriges Ausbildungsangebot mit IHK-Abschluss ihre Nachwuchsprobleme lösen und dafür angeblich zweieinhalb Mal so viel zahlen wie bei "Normal-Azubis". Der Betriebsrat sperrt sich.

Düsseldorf: Postbote ist nicht gleich Postbote
Foto: Schnettler

"Deutsche Post sucht Auszubildende für zweijährige duale Ausbildung zur Fachkraft für Kurier-, Express- und Paketdienste (FKEP); die Ausbildungsvergütung im ersten Ausbildungsjahr beträgt 820 Euro, im zweiten Ausbildungsjahr 900 Euro."

"Deutsche Post sucht Bewerber für berufsbegleitende Qualifizierung zum zertifizierten Zusteller. Das Programm bietet neben einer intensiven Einarbeitung und berufsspezifischen Schulungen (beispielsweise Fahrsicherheitstraining) die Möglichkeit, nach drei Jahren den IHK-Berufsabschluss FKEP zu erwerben; Einstiegsgehalt: 2172 Euro."

Zwei Stellenanzeigen, die fiktiv sind, aber durchaus aus der Personalabteilung der Deutschen Post stammen könnten. Und die einen Gehaltsunterschied von 1322 Euro pro Monat bedeuten würden, also 31.000 Euro Entgeltdifferenz innerhalb von zwei Jahren. So kann man jedenfalls die Zahlen in der Berichterstattung der "Bild am Sonntag" interpretieren. Danach sollen Kandidaten für die dreijährige Ausbildung von Anfang an das Gehalt eines klassisch ausgebildeten Briefzustellers erhalten und dafür direkt als Vollzeitkraft für die Deutsche Post arbeiten. Wer nach drei Monaten einen internen Wissenstest bestehe, dürfe sich "zertifizierter Zusteller" nennen, schreibt die Zeitung. Sie beruft sich auf den Entwurf einer Betriebsvereinbarung.

Die Deutsche Post wollte den Bericht gestern nicht kommentieren. Die Information über das alternative Ausbildungsangebot stamme aus dem Oktober des vergangenen Jahres, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Viel mehr könne er gegenwärtignicht sagen. Dass sich jemand schon nach drei Monaten "zertifizierter Zusteller" nennen dürfen soll, wenn doch das IHK-Zertifikat diesen Titel erst nach drei Jahren verleiht, bleibt bisher ebenfalls ungeklärt.

Die Post versucht, mit dem neuen Angebot, das sie selbst "innovativ" nennt, ihr Nachwuchsproblem in den Griff zu bekommen. Dem Bericht zufolge, in dem interne Unterlagen des Konzerns als Quelle genannt werden, ist die Zahl der Bewerber kontinuierlich zurückgegangen - im vergangenen Ausbildungsjahr angeblich um 20 Prozent. Von 100 Auszubildenden seien nur 36 übehaupt im Konzern geblieben, heißt es.

Interessant könnte das Angebot unter anderem für Quereinsteiger sein, die in ihrem alten Job möglicherweise keine Chance mehr auf einen Arbeitsplatz haben oder in einem zweiten oder dritten Anlauf nach eine neuen Perspektive suchen . Das Angebot richte sich "vor allem an Bewerber mit Lebens- und Berufserfahrung und somit Quereinsteiger", hatte die Post zu einem früheren Zeitpunkt mitgeteilt.

"Schmalspur-Qualifikation" - so nennt das der Betriebsrat des Unternehmens, der angeblich fürchtet, der Konzern könne sich auf Dauer aus der Ausbildung der Zusteller komplett zurückziehen. Die Arbeitnehmervertreter sollen sich geweigert haben, die entsprechende Konzernvereinbarung zum neuen Ausbildungsangebot zu unterschreiben. Was letztlich ohne Konsequenz ist, weil die Post für das neue Modell die Zustimmung der Arbeitnehmervertreter gar nicht braucht. Aber die Kritik an dem Post-Verfahren bleibt. Die Chefin der Post-Fachgewerkschaft DPVKOM, Christina Dahlhaus sagte der "Bild": "Der zertifizierte Zusteller kann durchaus eine gute Chance für junge Menschen sein. Aber einem Arbeitgeber, der erste Wahl sein will, muss die ordentliche Berufsausbildung wichtiger sein. Und er muss Azubis später zu einem angemessenen Gehalt übernehmen."

(RP)
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