Karlsruhe/Leverkusen Punktsieg für Covestro bei CO-Pipeline

Karlsruhe/Leverkusen · Das Bundesverfassungsgericht hat eine Vorlage des Oberverwaltungsgerichts zurückgewiesen, das die Enteignungen und den Bau der umstrittenen Röhre für verfassungswidrig hält. Nun geht es in eine neue Runde - mal wieder.

Der Streit um die Kohlenmonoxid-Pipeline (CO-Pipeline), die die Bayer-Tochter Covestro zwischen Dormagen und Krefeld-Uerdingen betreiben will, geht in eine neue Runde. Das Bundesverfassungsgericht hat nun die Vorlage des Oberverwaltungsgerichts Münsters zurückgewiesen, das die Pipeline für verfassungswidrig hält und sich dies von den Karlsruher Richtern bestätigen lassen wollte. Das ist ein Punktsieg für Covestro.

Zum Hintergrund: 2006 hatte der Landtag das Rohrleitungsgesetz erlassen, das Enteignungen zum Zweck von Bau und Betrieb der 67 Kilometer langen Pipeline erlaubt. Durch sie will Covestro den Rohstoff für die Kunststoffproduktion von einem Werk zum anderen schicken. Die Bezirksregierung hatte die Anlage genehmigt. Dagegen hatten Anwohner geklagt, die um ihre Sicherheit und den Wert ihrer Immobilien bangten. Kohlenmonoxid ist ein hochgiftiges, aber unsichtbares Gas. Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) hatte 2014 das Verfahren ausgesetzt und nach Karlsruhe überwiesen, weil es das Ganze für verfassungswidrig hielt.

Doch die Verfassungsrichter folgten dem OVG nicht. Die Münsteraner Richter hätten in ihrem Vorlagebeschluss nur unzureichend begründet, dass das Rohrleitungsgesetz verfassungswidrig sei, erklärte nun der Erste Senat (Az 1BvL 10/14): "Die Vorlage ist unzulässig." Die Richter aus Münster hätten sich auch nicht an die Vorgaben aus Karlsruhe gehalten. Damit stellen die Verfassungsrichter insbesondere nicht fest, dass die Pipeline gegen Artikel 14 des Grundgesetzes (Schutz des Eigentums) verstößt, wie die Gegner der umstrittenen Röhre gehofft hatten.

Nun geht das Ganze zurück an das Oberverwaltungsgericht. Dieses hat jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder es arbeitet seine Begründung nach und ruft Karlsruhe erneut an. Oder es entscheidet selbst in dem Verfahren, in dem Anwohner und Gegner der CO-Pipeline geklagt hatten. Über die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes kann aber nur Karlsruhe entscheiden. An dem Sicherheitskonzept hatte schon das OVG nichts Wesentliches beanstandet.

Die Sache wird sich also hinziehen, dennoch bedeutet der Karlsruher Beschluss einen Vorteil für Bayer und seine Chemie-Tochter Covestro. Die Richter haben in der Sache zwar nicht geurteilt, geben aber deutliche Hinweise darauf, dass sie das Rohrleitungsgesetz und das Genehmigungsverfahren für verfassungsgemäß halten.

So hatte das OVG 2014 erklärt, dass man die Gesamtabwägung von Schaden und Nutzen der Enteignung nicht allein der Bezirksregierung überlassen dürfe. Karlsruhe meint dagegen: "Die Planfeststellung umfasst eine Gesamtabwägung der öffentlichen Belange." Auch die Prüfung der Erfolgsaussichten der Pipeline durch die Behörde sahen die Verfassungsrichter im Gegensatz zum OVG nicht als zwingend an. Der Staat müsse nur den Zweck eines Projektes prüfen, um über die Angemessenheit der Enteignung zu entscheiden. Das OVG fand auch, dass die Sicherung der Versorgung der Industrie mit Kohlenmonoxid kein Gemeinwohlziel sei. Das werde nicht begründet, erwidern die Karlsruher Richter. Im übrigen komme die Rohrleitung vielen Betrieben in der Region zugute.

Bei Covestro ist man erleichtert: "Die Einschätzungen, die das Verfassungsgericht anführt, entsprechen unserer Auffassung", sagte Klaus Jaeger, NRW-Standortleiter von Covestro. "Die Richter formulieren, dass das Gesetz aus ihrer Sicht geeignet ist, dem Allgemeinwohl zu dienen." Der NRW-Wirtschaftsminister wollte sich zum schwebenden Verfahren nicht äußern.

Für Johannes Dietlein, Professor an der juristischen Fakultät der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, ist nach der Entscheidung aus Karlsruhe eines klar: "Der Verwirklichung des Projekts stehen jetzt im Grunde keine unüberwindbaren Hindernisse mehr im Wege."

Die CO-Pipeline-Gegner geben sich nicht geschlagen: "Die Meinung des OVG ist klar: Es hält das Rohrleitungsgesetz für verfassungswidrig. Diese Haltung muss das OVG jetzt konkreter begründen", sagte Dieter Donner, Koordinator der Bürgerinitiativen im Kreis Mettmann, Solingen und Düsseldorf. Der Hildener ist zuversichtlich, dass die Münsteraner Richter hierzu in der Lage sein werden. Bis dahin setzt der Hildener auf den Zeitgewinn: "Solange das OVG prüft, wird kein Kohlenmonoxid fließen."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort