Pfand oder Tonne? Das Buhlen um den Handyschatz

Berlin · Mobiltelefone sind für Rohstoffjäger eine kleine Goldgrube. Schon eine Tonne alte Handys bringt 250 Gramm Gold. "Wir alle horten zu Hause wichtige Ressourcen, insbesondere auch die in den letzten Jahren in den Fokus gerückten Seltenen Erden", sagt die Grünen-Umweltpolitikerin Dorothea Steiner.

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Foto: Hersteller

Das Problem für Politik und Wirtschaft: Um den Rohstoffstoffverbrauch und teure Importe zu verringern, muss man rankommen an die Millionen Handys. Die Bürger verstauen sie oft daheim in der Schublade oder schmeißen sie über den Hausmüll weg.

Die Entsorger hätten gerne einen verstärkten Zugriff auf solche Müllschätze, die Millionengeschäfte versprechen. Daher wird überlegt, wie die Sammelquote bei alten Handys gesteigert werden kann. "Handys, die nicht mehr benötigt werden, sind ein echtes Rohstofflager", betonte die Parlamentarische Umweltstaatssekretärin Katherina Reiche (CDU). "Eine Tonne Handyschrott enthält 60-mal mehr Gold als eine Tonne Golderz." Laut Bundesumweltministerium stecken in einem Handy 40 chemische Elemente. Für Handys, PCs und Laptops werden bereits 3 Prozent der Silber- und 4 Prozent der Gold-Jahresproduktion verwendet.

Die Bundesregierung hat gerade ein Ressourceneffizienzprogramm beschlossen, um eine stärkere Entkopplung des deutschen Wachstums vom Ressourcenverbrauch zu erreichen - ein Mosaiksteinchen ist dabei der Handybereich, gerade weil Rohstoffe wie Gold und andere Stoffe endlich sind. Daher rücken verstärkt die 60 bis 100 Millionen Althandys in den Fokus, die nach Schätzungen in deutschen Haushalten herumliegen. An Ideen mangelt es nicht, wie ein Überblick zeigt.

Handytonne: Die Regierung prüft eine "Handytonne" für den Handel, wo die Verbraucher wie bei Batterien unkompliziert einfach ihr Handy reinwerfen. Besonders eine umfassendere Rücknahmepflicht für Händler könnte zudem die Sammelquote von Handys erhöhen. Die klassische Variante sind bisher Bringhöfe für Elektroschrott.

Das Österreich-Modell: Dieses setzt darauf, mehr Handys wieder fit zu machen, statt sie wegzuwerfen. Es wurde eine Rücknahmelogistik aufgebaut, die neben Recycling auch die Weiterverwendung von ganzen Geräten oder Bauteilen garantiert. Der Anteil der weiter verwendbaren Geräte liegt nach FDP-Angaben bei dem Modell bei hohen 66 Prozent.

Ein Handy-Pfand: Die Grünen-Umweltpolitikerin Steiner hat im Bundestag einen Antrag dazu eingebracht. Bei Neukäufen soll für Handys und Smartphones ein Pfand von 10 Euro auf den Kaufpreis aufgeschlagen werden, die es bei der Rückgabe des Handys bei jedem, beliebigen Händler zurückgibt. Laut Branchenverband Bitkom ("Handys sind keine Dosen", "zu viel Bürokratie"), aber auch aus Sicht des Bundesumweltministeriums ist dies keine praktikable Lösung.

Sammeln über die Wertstofftonne: Das war lange Zeit als eine Lösung gesehen worden - noch in diesem Jahr soll ein Gesetz für die bundesweite Einführung einer Wertstofftonne ab etwa 2015 stehen. Damit sollen 7 Kilo pro Einwohner und Jahr zusätzlich erfasst werden. Aber wohl kein Elektroschrott. Das Umweltbundesamt befürchtet, dass Handys die anderen Wertstoffe mit Metallen und Flammschutzmitteln belasten könnten. Der FDP-Politiker Horst Meierhofer sagt, auch das Herausfiltern der Handystoffe dürfte viel zu kompliziert sein.

Eine ganz neue Elektronikschrotttonne: Die Grünen-Politikerin Steiner hält dies nicht für sinnvoll. Wie bei der Mitsammlung in einer Wertstofftonne würden die Geräte bei der Sammlung und Abholung "starken Belastungen ausgesetzt, unter anderem bei der Pressung im Müllauto, und noch funktionsfähige Geräte würden zerstört."

Individuelle Lösungen: "Alte Handys für die Havel", lautet ein Projekt des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu). Pro abgegebenem Alt-Handy erhält der NABU bis zu drei Euro von E-Plus. Das Geld fließt in den Schutz der Havel. Der Berliner Versorger Alba bietet seit kurzem mit der Post einen kostenlosen Rückversand an, um mehr alte Handys zu sammeln. Binnen eines Monats gingen 1000 Stück ein.

Die privaten Entsorger setzen darauf, dass die Regierung bei der Vielzahl an Optionen ein Mittel findet, um den Rücklauf zu steigern. Zudem müsse der Export alter Handys nach Afrika stärker unterbunden werden, sagt Peter Kurth, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungswirtschaft (BDE). Kurth sieht mangelnde Angebote als einen Grund dafür, dass nach Schätzungen weniger als ein Viertel der Handys verwertet wird: "Die Bürger scheuen sich, die ausgedienten Althandys in den Elektronikfachgeschäften oder beim Wertstoffhof abzugeben".

(dpa)
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