Berlin Regierung wegen hoher Einnahmen in Zwickmühle

Berlin · Auch wenn sich die Konjunktursignale eintrüben, sprudeln dank des Arbeitsmarktes die deutschen Staatseinnahmen.

Deutschland macht seinem Ruf als Musterschüler in Sachen Staatsfinanzen alle Ehre. Vor allem dank des robusten Arbeitsmarkts hat der deutsche Staat im ersten Halbjahr 2014 einen Überschuss von 16,1 Milliarden Euro erzielt, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Über so ein dickes Plus konnten sich die Kassenwärter seit der Versteigerung der UMTS-Mobilfunklizenzen im zweiten Halbjahr 2000 nicht mehr freuen - und dies war damals, anders als jetzt, auch noch ein Sondereffekt.

Die Haushalte von Bund, Ländern, Gemeinden und Sozialversicherung schlossen das Halbjahr nach vorläufigen Ergebnissen mit einer Überschussquote von 1,1 Prozent der Wirtschaftsleistung ab. Auch das sei der höchste Wert seit 2000, betonte ein Statistiker.

Besonders der Bund profitierte von sprudelnden Steuereinnahmen infolge der sehr günstigen Beschäftigungssituation. Zudem schüttete die Bundesbank 4,6 Milliarden Euro aus - nach nur 600 Millionen Euro im ersten Halbjahr 2013. Mit einem Überschuss von 4,0 Milliarden Euro gelang es dem Bund erstmals seit 1991, in der ersten Jahreshälfte ein positives Ergebnis zu erzielen.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte, dass angesichts der positiven Entwicklung das Thema Investitionen grundsätzlich ganz vorn stehe. Wenn mehr Geld da sei, würde es "im Zweifelsfall in Richtung Investitionen" gehen. Dies gelte vor allem für Straßenprojekte, sagte Merkel in Berlin - ohne konkreten Bezug auf die aktuelle Statistik des Bundesamts zu nehmen. Gesehen werden müsse auch, "ob die Wirtschaftsprognosen so bleiben".

Die weiterhin gute Lage am Arbeitsmarkt füllt nicht nur die Kassen des Bundes, auch die Sozialversicherung liegt deutlich im Plus. Ihr Überschuss kletterte von 3,9 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2013 auf nun 7,1 Milliarden Euro. Die Gemeinden nahmen 5,3 Milliarden Euro mehr ein, als sie ausgaben. Mit einem Defizit von 0,2 Milliarden Euro verfehlten die Länder nur knapp einen ausgeglichenen Haushalt.

Mit dem satten gesamtstaatlichen Plus ist Deutschland derzeit weit von der Defizitmarke von 3,0 Prozent des Bruttoinlandsproduktes entfernt, die der Maastricht-Vertrag maximal erlaubt. 2013 hatten die öffentlichen Kassen in Deutschland nach der neuen Berechnungsmethode einen Überschuss von 0,3 Prozent des BIP erwirtschaftet.

Die hohen Staatseinnahmen dürften den Druck auf die Bundesregierung erhöhen, mehr für Investitionen und Wachstum zu tun - und den Sparkurs der Schuldenländer zu lockern. Deutschland ist zudem international mit seiner Position gegen eine zu expansive Geldpolitik isoliert.

(dpa)
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