Düsseldorf Rekordfahrt der Börse endet in Katalonien

Düsseldorf · Der Dax bleibt knapp unter 13.000. Der Unabhängigkeitsstreit in Spanien verunsichert Anleger. Die Kurse könnten aber weiter steigen.

Wer vor einem Jahr Geld in Dax-Aktien investierte, der hat inmitten der Niedrigzinsphase gutes Geld verdient. Deutschlands wichtigster Börsenindex hat seither 22 Prozent zugelegt, und es sieht nicht danach aus, als habe die Bergfahrt in absehbarer Zeit ein Ende. Gestern blieb der Index nur knapp unter der Marke von 13.000 Punkten, und gäbe es nicht den Streit um die Unabhängigkeit Kataloniens, hätte er vermutlich den Sprung über die gern als magisch bezeichnete Tausender-Grenze geschafft. Doch der Konflikt in Spanien verunsichert die Anleger. Der Dax fiel im Tagesverlauf wieder zurück, schloss mit 12.958 Punkten aber immer noch auf einem Allzeithoch.

Börsianer rechnen nun damit, dass die 13.000-Punkte.-Marke in den nächsten Tagen überschritten wird. "Sollte diese Hürde überwunden werden, bekäme der Markt ein sogenanntes Momentum und neue Käufer dürften den Index schnell weiter nach oben treiben", schrieb der Analyst Milan Cutkovic. Einer Fortsetzung der Rally stehe kaum etwas im Weg. Mehr Optimismus geht kaum.

Auch nach Einschätzung von Jörg Krämer, dem Chefvolkswirt der Commerzbank, spricht vieles dafür, dass die Kurse weiter steigen, und nichts für eine Blase, die platzen könnte. "Gemessen an den Unternehmensgewinnen, sind die deutschen Aktien nicht überbewertet", sagte Krämer unserer Redaktion. Die deutsche und die europäische Wirtschaft wüchsen deutlich. "Und selbst wenn die Europäische Zentralbank (EZB) Ende des nächsten Jahres ihr Anleihenkaufprogramm stoppen würde, wäre dies ja noch nicht das Ende der lockeren Geldpolitik", gibt Krämer zu bedenken. Der Unterschied: Es würde nicht noch mehr Liquidität in den Markt gepumpt. Aber die Zinsen bleiben vermutlich noch bis 2019 niedrig, und das spricht für weiter steigende Kurse. Krämer: "Wir haben unser ursprüngliches Dax-Jahresendziel von 12.600 Punkten schon längst überschritten. Aber ich denke, dass es mittelfristig noch weiter nach oben geht." Wie weit, mag Krämer noch nicht sagen.

Was könnte die Rekordfahrt bremsen. "Es gibt ein paar politische Unsicherheitsfaktoren", sagt Krämer. Dazu gehört nicht nur das Unabhängigkeitsstreben der Katalanen (Krämer: "Das könnte abstrahlen auf andere Regionen"), sondern auch der weiter schwelende Atomkonflikt zwischen den USA und Nordkorea. Dagegen nehme die Börse die Ukraine kaum noch als Risiko wahr.

Kaum Gefahr geht für den Aktienmarkt derzeit von der ökonomischen Entwicklung in den Vereinigten Staaten aus. "Die US-Wirtschaft wächst stabil mit zwei Prozent, und ist nahe an der Vollbeschäftigung", sagt Krämer. Was die Zinsen angeht, hat die amerikanische Notenbank Fed war vier Zinsschritte nach oben angekündigt, aber auch das dürfte maßvoll passieren und der Börse keine größeren Kapriolen bescheren. Die einzige Unwägbarkeit: Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das das Verhältnis zwischen Kurs und Unternehmensgewinn beschreibt, ist laut Krämer mit 18 ziemlich hoch. Der Vergleich mit Deutschland: "Beim Dax liegt die Kennziffer bei rund 13."

Beim Euro sieht Krämer eher niedrige Kurse. Zur Mitte des kommenden Jahres sagt der Chefvolkswirt der Commerzbank der europäischen Gemeinschaftswährung einen Kurs von 1,14 Dollar voraus. Derzeit liegt er noch mehr als drei Cent höher. Steigen in den Staaten die Zinsen aber wirklich, dann werden Investments in die amerikanische Währung attraktiver, und das ginge dann zu Lasten des Euro. Was aber wiederum gut für jene Unternehmen in der Euro-Zone wäre, die Waren nach außerhalb exportieren. Denn deren Produkte werden bei niedrigem Euro-Kurs für den Käufer billiger.

Noch einmal zurück nach Katalonien: Während die deutsche Börse also auf Rekordjagd bleibt, hat der Madrider Leitindex gestern deutlich verloren. Bis zum Handelsschluss fiel er um etwa 2,5 Prozent und damit auf den tiefsten Stand seit fast sieben Monaten. So lange der Konflikt um die Unabhängigkeit anhält, drohen weitere Rückschläge am Aktienmarkt.

(RP)
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