Cordes, Joussen, Obermann Wenn Chefs die Branche wechseln

Düsseldorf · Fachleute wie Ex-ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz können auf dem Chefsessel ebenso scheitern wie Chefs, die von außen kommen. Aber in Konzernkrisen sind externe Chefs überlegen: Sie können den Wandel glaubwürdiger verkaufen.

 Eckhard Cordes (v.l.n.r.) war erst Daimler-Vorstand, später wurde er Haniel-Chef. Zeitweise führte er auch die Metro. Friedrich Joussen war Chef des Mobilfunkers Vodafone. Seit 2013 führt er den Tourismus-Konzern TUI. René Obermann war lange Zeit Telekom-Chef und wird nun als neuer Lufthansa-Chef gehandelt.

Eckhard Cordes (v.l.n.r.) war erst Daimler-Vorstand, später wurde er Haniel-Chef. Zeitweise führte er auch die Metro. Friedrich Joussen war Chef des Mobilfunkers Vodafone. Seit 2013 führt er den Tourismus-Konzern TUI. René Obermann war lange Zeit Telekom-Chef und wird nun als neuer Lufthansa-Chef gehandelt.

Foto: end/dpa

Dass neben Lufthansa-Passage-Vorstand Carsten Spohr nun plötzlich auch Ex-Telekom-Chef René Obermann für den Chefsessel der größten deutschen Fluggesellschaft im Gespräch ist, hat am Dienstag nicht nur die 117.000 Mitarbeiter überrascht. Auch auf den Fluren anderer Konzerne wirft der aktuelle Fall eine alte Frage neu auf: Sind Externe die besseren Chefs?

Rene Obermann: Von der Telekom zur Lufthansa?

Rene Obermann: Von der Telekom zur Lufthansa?

Foto: AP

"Das kommt auf den Zustand des Unternehmens an", sagt Walter Jochmann, Geschäftsführer der Personalberatung Kienbaum. Wenn das Unternehmen gut aufgestellt sei und der neue Chef den Erfolg nur sichern und fortschreiben müsse, sei eine Führungskraft aus den eigenen Reihen oft die risikoärmere Wahl. Geht es aber darum, einen neuen Chef für die Sanierung zu finden, für den Umbau der Geschäftsstrategie oder der Unternehmenskultur, sei ein Externer die bessere Wahl. "Der Interne kennt vom ersten Tag an die wichtigsten Kunden, Probleme und Prozesse", erklärt Jochmann, "er stolpert nicht über die Fallen von Seilschaften, weil er die Seilschaften kennt." Von außen kommende Chefs hätten hingegen den Vorteil der Neutralität und damit der größeren Glaubwürdigkeit. "Außerdem bringen sie den neuen Blick auf die Lage mit, der Voraussetzung für große Veränderungen im Unternehmen ist", so Jochmann.

Die Lufthansa muss gerade eine schwere Konzernkrise meistern und erfindet sich neu — etwa mit der Umstellung des Europaverkehrs auf die hauseigene Billigmarke "Germanwings". Vor diesem Hintergrund ist Obermann für Jochmann "ein plausibler Kandidat": Bei der Telekom habe der gebürtige Krefelder "extreme Veränderungen und Verschiebungen im globalen Wettbewerb" psychologisch geschickt gemanagt. Jochmann: "Obermann kann vielleicht noch nicht Luftfahrt. Aber er kann Veränderung."

Branchenwechsel ist keine Ausnahme mehr

Branchenwechsel in der Chefetage sind keine Seltenheit mehr. Die Ausnahme ist heute eher einer wie Ex-Bayer-Chef Werner Wenning, der sich 38 Jahre lang in ein und demselben Unternehmen hochgedient hat. Der scheidende Lufthansa-Chef Christoph Franz selbst wechselt zum Pharmariesen Roche. Sein Erzrivale Hartmut Mehdorn war Bahn-Chef, bevor er 2011 die Führung der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft Air Berlin übernahm. Inzwischen soll er als Geschäftsführer den pannenreichen Bau des Berliner Hauptstadtflughafens abschließen.

Ungewöhnlich schnell bewährt auf der Führungsposition in einer neuen Branche hat sich Fritz Joussen. Der 50-Jährige leitet seit knapp einem Jahr Europas größten Reisekonzern TUI. Davor war er Deutschland-Chef des Mobilfunkanbieters Vodafone. In nur elf Monaten hat Joussen den Börsenwert der TUI um eine Milliarde Euro gesteigert — erstmals seit Jahren schreibt TUI wieder schwarze Zahlen.

Als Glücksgriff für den Düsseldorfer Dax-Konzern Henkel erwies sich 2008 die Berufung von Kasper Ror-sted zum Chef. Der Däne war erst 2005 aus der IT-Branche zu dem Konsumgüter-Riesen gewechselt. Rorsted sorgte für mehr Frauen und mehr Ausländer in den Chefetagen von Henkel, räumte das Markendurcheinander auf, steigerte Umsatz und Rentabilität. Er ist der erste Henkel-Chef, der ohne den Stallgeruch des familiengeprägten Konzerns Henkel-Chef wurde.

Umgekehrt geriet ThyssenKrupp gerade deshalb in die schwerste Krise seiner Geschichte, weil Ex-Vorstandschef Ekkehard Schulz zu viel Stallgeruch hatte. Der studierte Eisenhüttenmann arbeitete fast ein Leben lang für Thyssen. Als Chef investierte er dann fast nur noch im Stahlbereich. Dabei vernachlässigte er mit dem Technologiegeschäft genau das Geschäftsfeld, das ThyssenKrupp jetzt retten soll — denn die Stahlsparte schreibt inzwischen Milliardenverluste.

Glücklos war auch Ekkehard Cordes, der 2006 vom Autobauer Daimler zum Familienkonzern Haniel kam. 2007 übertrug die Familie ihm auch die Führung ihrer wichtigsten Beteiligung, des Handelskonzerns Metro. Auf dieser Position enttäuschte Cordes die Erwartungen der Familie so sehr, dass sie sich 2011 von ihm trennte.

(RP)
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