Schärfere Regeln Rösler wendet sich gegen Glücksspielbranche

Immer mehr Jugendliche verzocken ihr Geld am "Daddelautomaten" in der Kneipe. Dem soll ein Riegel vorgeschoben werden. Etwa 30.000 Spielgeräte in Gaststätten sollen abgebaut und schärfere Auflagen durchgedrückt werden. Die Branche spricht von einem Kahlschlag.

Die Automatenindustrie sowie viele Gaststätten müssen sich auf strengere Auflagen bei Spielautomaten einstellen als bisher geplant. Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) will den Jugend- und Spielerschutz energischer durchsetzen sowie Spielanreize und Verlustmöglichkeiten begrenzen. Das geht aus einem Entwurf für eine neue Spielverordnung hervor.

Nach den am Montag bekanntgewordenen Plänen soll in Gaststätten spätestens ab 2018 nur noch ein Geldspielgerät zulässig sein - bisher sind drei Automaten erlaubt. In einem früheren Entwurf hatte Rösler die Obergrenze bei zwei Geräten gezogen. Vorgesehen sind zudem Spielpausen und Regelungen gegen Geldwäsche.

Die Automatenindustrie kritisierte, der Entwurf gehe weit über eine notwendige Verbesserung des Spielerschutzes hinaus. Zusammen mit schärferen Spielhallen-Regeln der Länder bedrohe er die Branche und Teile der Gastronomie in ihrer Existenz. Mit dem Kahlschlag würden Millionen Spieler in die "Arme von Tausenden Anbietern von unregulierten Spielangeboten im Internet" getrieben.

Eine Sprecherin Röslers nannte den Entwurf dagegen ausgewogen - er berücksichtige sowohl die Interessen der Wirtschaft als auch die Anliegen der Spieler und des Jugendschutzes. Umfragen zufolge habe das Automatenspiel insbesondere bei 18- bis 20-Jährigen zugenommen: "Hier ist also Handlungsbedarf." Unter den jungen Männern spielte nach einer Übersicht des Ministeriums 2011 jeder Fünfte (19,5 Prozent). Damit hat sich der Anteil seit 2007 mehr als verdreifacht, bei den jungen Frauen auf 5,5 Prozent mehr als verdoppelt.

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) begrüßte die Vorschläge: "Die neue Spielverordnung ist ein vernünftiger Weg, um Spielsucht einzudämmen." Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild Dyckmans, nannte die Maßnahmen notwendig. Der Jugendschutz beim Automatenspiel werde in Gaststätten häufig nicht eingehalten. Außerdem komme die personenungebundene Spielerkarte. Über den Entwurf hatte zuvor die "Süddeutsche Zeitung" (Montag) berichtet.

An einer Novelle der seit 2006 geltenden Spielverordnung wird seit längerem gearbeitet. Dem Entwurf zufolge hat sich die Lage der Automatenbranche seit 2006 positiv entwickelt. Die Zahl der Geldspielgeräte habe deutlich zugenommen - von 183.000 im Jahr 2005 auf derzeit etwa 240.000. Davon stünden etwa 70.000 Automaten in Gaststätten und 170.000 in Spielhallen. In Spielhallen gebe es kaum Verstöße gegen das Spielverbot für Jugendliche, heißt es: "Es gibt jedoch möglicherweise Defizite in Gaststätten."

Nach Schätzungen des Ministeriums müssen in Gaststätten fünf Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung voraussichtlich insgesamt 30.000 Geldspielgeräte abgebaut werden. Aus Sicht der Branche muss "innerhalb kurzer Zeit mindestens die Hälfte" der Automaten abgebaut werden. Manche Eckkneipe allerdings kann sich nur halten dank der Aufstellgebühren für "Daddel-" und Flipperautomaten.

Der Chef des Verbandes der Automatenindustrie, Paul Gauselmann, begrüßt es, dass Übertreibungen ein Riegel vorgeschoben werden solle.Der oft als "Spielhallen-König" bezeichnete Familienunternehmer moniert aber: Leider schieße die Verordnung über das Ziel eines besseren Spielerschutzes weit hinaus.

Herstellern wird eine Übergangsfrist eingeräumt. Die Reduzierung der Automaten gilt nicht, "wenn es sich um Gaststätten handelt, in denen eine Gefährdung Minderjähriger aufgrund der örtlichen Lage oder der für sie geltenden Zugangsbestimmungen ausgeschlossen ist". Den Plänen müssen die Länder zustimmen, eine Kabinetts- oder Bundestagsbefassung ist den Angaben zufolge nicht nötig.

(dpa)
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