Wien Russland stoppt Gas-Pipeline "South Stream"

Wien · Der Baustopp wegen des Streits mit der EU träfe Südosteuropa und die Stahlbranche. Die Türkei könnte profitieren.

Noch gibt es von Russland keine Bestätigung dafür, dass das Gaspipeline-Projekt "South Stream", mit dem ab 2016 russisches Gas nach Europa fließen sollte, eingestellt wird. Aber Präsident Wladimir Putin hat in Ankara gesagt, dass die Gasleitung wegen des Widerstandes der EU derzeit nicht fertiggebaut werden könne. Die Türkei könnte nun davon profitieren: Putin erklärte das Land zu einem bevorzugten Abnehmer und stellte Preisnachlässe in Aussicht.

Mit der rund 2400 Kilometer langen Gasleitung, die von Russland übers Schwarze Meer, Bulgarien, Serbien und Ungarn bis zum österreichischen Knotenpunkt Baumgarten bei Wien geführt hätte, wollte Russland die Ukraine umgehen. Jetzt wirft Putin der EU-Kommission "Blockadepolitik" vor, weil diese dem Projekt nur unter Einhaltung des EU-Gemeinschaftsrechts zustimmen will. "Wenn Europa das Projekt nicht will, dann wird es nicht gebaut", schmollt Putin. Das Problem: Der russische Energiemulti Gazprom will als Produzent und Lieferant zugleich auftreten, um seine Monopolstellung in Südosteuropa zu verteidigen. Dazu hat die EU-Kommission erklärt, sie halte es für unzulässig, dass ein Erdgaslieferant zugleich den Zugang zu den Pipelines kontrolliere.

Aber das ist nur ein Teil der Wahrheit: Das Projekt verschlingt unglaublich viel Geld, das Russland am Rande der Rezession nicht hat. Gazprom hat schon 2013 einen 40-prozentigen Kostenanstieg auf 23,5 Milliarden Dollar verkündet. Da waren die Vorbereitungskosten und das zur Hälfte von Gazprom zu finanzierende Teilstück unter dem Schwarzen Meer nicht mal eingerechnet. Jetzt hat der Konflikt mit der Ukraine dazu geführt, dass Gazprom milliardenschwere Rückstellungen vornehmen und daher im ersten Halbjahr 2014 einen Gewinneinbruch hinnehmen musste.

Unter dem mindestens vorläufigen russischen Rückzug leidet Südosteuropa. EU-Mitglied Bulgarien hat seine Arbeiten an South Stream auf Eis gelegt, obwohl das Land fast ausschließlich von russischer Energie abhängig ist. Andere Verlierer sind Serbien, das sich von "South Stream" für seine Energie- und Bauindustrie Investitionen von mehr als zwei Milliarden Euro erhoffte, und Ungarn. Der ungarische Teil der Pipeline ist ein Prestigeprojekt von Premierminister Viktor Orban, das er notfalls auch gegen Brüssel realisieren will. So beschloss Anfang November das Parlament ein Sondergesetz, welches das EU-Genehmigungsverfahren für beteiligte ungarische Firmen außer Kraft setzt.

Auch Stahlkonzerne wie Salzgitter oder Voestalpine zittern um hunderte Millionen Euro schwere Zulieferaufträge für Röhren, die von Südrussland durchs Schwarze Meer nach Österreich verlaufen sollten.

(gru/dpa)
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