Essen RWE für Brandt als Aufsichtsrats-Chef

Essen · Aufsichtsrat spricht sich für den Ex-SAP-Vorstand aus. Kommunen kämpfen nicht für Werner Müller.

Der Machtkampf um den Aufsichtsrats-Vorsitz bei dem zweitgrößten deutschen Energiekonzern RWE scheint entschieden: Gestern präsentierte Aufsichtsrats-Chef Manfred Schneider dem Gremium seinen Favoriten - den früheren SAP-Finanzvorstand Werner Brandt. Auch die Kommunen, die in den vergangenen Wochen für ihren Favoriten Werner Müller getrommelt hatten, meldeten keinen Widerstand mehr an. Anschließend teilte der Konzern mit: "Der jetzige Aufsichtsrat ist der klaren Meinung, dass in seiner Mitte ein sehr geeigneter Kandidat in Herrn Dr. Werner Brandt für die Kontinuität im Aufsichtsrat auch in einer möglichen Wahl als zukünftiger Aufsichtsratsvorsitzender vorhanden ist."

In Kürze soll der Nominierungsausschuss den Vorschlag beschließen und auch die Liste der weiteren Kandidaten, die zur Hauptversammlung im Frühjahr neu in den Aufsichtsrat einziehen. Unter anderem sollen Daimler-Chef Dieter Zetsche und Ex-ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz den Aufsichtsrat verlassen, wie es in Konzernkreisen heißt. "Der neue Aufsichtsrat wird im Anschluss an die Hauptversammlung 2016 dann aus seiner Mitte den neuen Aufsichtsratsvorsitzenden bestimmen", teilte der Konzern weiter mit.

In den vergangenen Wochen hatten die Kommunen, die 25 Prozent an RWE halten, massiv für Werner Müller, den Chef der Kohle-Stiftung, geworben. Er hat jahrzehntelange Erfahrung in der Energiebranche und versteht sich auf den Umgang mit der Politik. Zudem wollten die Kommunen neben dem Vorstandschef Peter Terium keinen zweiten Finanzfachmann auf einem Spitzenjob bei RWE. Doch offenkundig hatten sie nicht genug Macht, um Müller durchzusetzen, zumal die Gewerkschaften (Verdi) nicht einheitlich für Müller waren.

Aus Werner Müllers Umfeld war zuvor verlautet, der Manager stehe für das Amt bereit, wenn er gerufen werde, werde sich aber auf keine Kampfabstimmung einlassen.

RWE-Chef Peter Terium wird es freuen. Ein selbstbewusst mitregierender Aufsichtsratschef Müller hätte den Handlungsspielraum des Niederländers weiter eingeschränkt, meint Aktionärsschützer Marc Tüngler. Brandt dagegen werde sich auf die traditionelle Rolle als Aufsichtsrats-Chef beschränken und Terium Raum lassen.

Ob das reicht, ist fraglich. Denn die Probleme von RWE sind riesengroß. Das zeigte auch der gestrige Tag an der Börse: Die RWE-Aktie verlor acht Prozent und schloss bei 10,89 Euro. Neben der drohenden Milliarden-Lücke bei den Atomrückstellungen sorgten auch die Untersuchungen der Finanzaufsicht für Unruhe an der Börse. Am Dienstag hatte die RWE-Aktie bei 10,18 Euro den tiefsten Stand ihrer Börsengeschichte erreicht.

Dass die Lage ernst ist, war auch Thema der Aufsichtsratssitzung. Viele Kraftwerke schreiben rote Zahlen. In England gibt es massive Gewinneinbrüche. Dazu verwies der Vorstand auf die Auswechslung der verantwortlichen Manager.

Kritische Fragen hatten die Aufsichtsräte zur drohenden Strafe im Streit mit dem arabischen Gaskonzern Dana. Ein Schiedsgericht hatte festgestellt, dass RWE eine Vertraulichkeitsvereinbarung gebrochen habe. RWE verwies auf das laufende Verfahren, in dem die Höhe der Strafe festgestellt werden soll. Noch kein Thema waren Vorstandspersonalien. Der Vorstand soll um vier Posten erweitert werden.

(anh)
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