Essen RWE löst 33 Tochtergesellschaften auf

Essen · Der Energiekonzern baut um. Töchter wie Vertrieb und Deutschland gehen in der Mutter auf. Die Kraftwerke bleiben eigenständig, um sie nach dem Vorbild von Eon abspalten zu können. Eine neue Sparrunde droht.

Essen: RWE löst 33 Tochtergesellschaften auf
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Am Ende ging alles schnell: Nicht mal zwei Stunden brauchte der Aufsichtsrat der RWE AG, um einen radikalen Umbau des zweitgrößten deutschen Energiekonzerns zu beschließen. Doch noch bis Sonntagabend hatten kommunale Aktionäre und Gewerkschaften Nachbesserungen bei Vorstandschef Peter Terium verlangt und durchgesetzt. Gestern stimmten der Aufsichtsrat einstimmig der Auflösung der Holding und dem Umbau zu einem Stammhaus zu.

Und so soll die neue RWE ab 2017 aussehen: Die Zahl der RWE-Aktiengesellschaften sinkt von fünf auf zwei, die der GmbHs von 90 auf 60. Stattdessen soll die Zentrale in Essen (wie berichtet) mehr Macht bekommen und das operative Geschäft direkt steuern, von der Verschmelzung betroffen sind etwa Vertriebs AG und Deutschland AG. Damit fallen auch viele Vorstandsstäbe und Aufsichtsräte weg, insgesamt sinkt die Zahl der Aufsichtsratsmandate von bisher 141 auf 43.

Die Kommunen setzten durch, dass keine Standorte geschlossen werden. Alle Standorte blieben erhalten, betonte Terium. Auch Dortmund, wo einst der RWE-Vorgänger VEW saß, bleibt erhalten, wo Töchter wie die Vertriebs AG sitzen. Zudem werde der Umbau keine steuerlichen Auswirkungen auf die RWE-Kommunen haben, versicherte der Niederländer. In vielen Kommunen ist RWE ein wichtiger Gewerbesteuerzahler.

Einige Töchter bleiben dagegen eigenständig, unter anderem die Kraftwerkssparte RWE Generation, in der die Tochter Power aufgehen wird. Damit hält sich RWE die Option offen, diese Sparte künftig nach dem Vorbild von Eon abzuspalten. "Wir behalten uns die Option der Abspaltung vor, verfolgen sie aber nicht aktiv", sagte Terium. RWE sei stolz auf die konventionelle Stromerzeugung, auch wenn sie seit der Energiewende in der Krise ist. Allerdings wäre die Abspaltung des Kraftwerkgeschäfts (Kohle, Atom) für RWE auch schwieriger als für den Konkurrenten Eon, weil es in Essen eine größere Rolle spielt.

Eigenständig bleibt auch die Ökostrom-Tochter Innogy. Dies diene der Wahrung aller Optionen im Bereich der Erzeugung, erläuterte Terium den Mitarbeitern. Im Konzern wird spekuliert, dass man so dem arabischen Investor eine attraktive Einstiegsmöglichkeit lassen will, der vor der AG mit den dort so mächtigen kommunalen Aktionären zurückschreckt. Die Städte halten 25 Prozent der RWE-Anteile und vier der zehn kapitalseitigen Aufsichtsratsmandate. Eigenständig bleibt zudem die Netztochter Westnetz, die Politik verlangt dies.

Der Vorstand der RWE AG wird von bisher vier auf sieben Mitglieder erweitert. Neben dem Vorstandschef (Peter Terium), dem Finanz- (Bernhard Günther) und dem Personalvorstand (Uwe Tigges) soll es künftig vier weitere operative Vorstände geben. Einer von ihnen soll Rolf Martin Schmitz sein, der bisher das gesamte operative Geschäft verantwortet. Er zählt damit zu den Verlierern. Schmitz bleibe stellvertretender RWE-Chef, versicherte Terium. "2016 und 2017 hat er viel mit der Neuaufstellung zu tun, danach wird er alles weitere mit dem Aufsichtsrat besprechen."

"Diese Veränderungen sind Meilensteine auf dem Weg, RWE fit für die neue Energiewelt zu machen", erklärte Terium. Der Konzern werde damit schneller und schlanker. Allerdings bringt der Umbau nur Einsparungen in Höhe eines niedrigen zweistelligen Millionenbetrags. Das ist nichts angesichts der wegbrechenden Gewinne im klassischen Kraftwerksgeschäft.

Entsprechend reagierte die RWE-Aktie auch kaum und schloss mit einem schwachen Plus als viertschwächster Wert im Dax. "Im Rahmen des bei RWE Möglichen ist der Umbau das Optimum. Dass der Konzern nicht an die Standorte rangeht, zeigt die große Macht der Kommunen", sagt Michael Schäfer, Analyst bei Equinet. Die Halbjahreszahlen, die RWE übermorgen verkündet, würden schlecht ausfallen, RWE müsse weiter gegen den Verfall der Börsenstrompreise ansparen.

Entsprechend stimmte Terium die Mitarbeiter auf neue Sparpläne ein. "Mit den Veränderungen sind direkt weder Personalabbau noch Standortfragen verbunden. Andererseits: Die heutigen Entscheidungen unterstützen, dass wir Einsparungen erzielen können, das mag auch zu Stellenabbau führen", schrieb Terium gestern in einem vierseitigen Brief an die Mitarbeiter, der unserer Zeitung vorliegt. Zu Zahlen wollte er sich nicht äußern. Unter Terium hat der Konzern bereits 13 000 Stellen abgebaut oder mit Verkäufen abgegeben und zählt jetzt noch 59 000 Mitarbeiter.

(RP)
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