Essen RWE-Städte fügen sich Dividenden-Aus

Essen · Am 1. April soll die grüne Tochter mit den Zukunftssparten unter dem vorläufigen Namen "RWE International SE" starten.

Im Aufsichtsrat von RWE fiel die Revolte der Kommunen gestern aus: Einstimmig billigte das Gremium den Vorschlag des Vorstands, die Dividende für Stammaktionäre zu streichen. Auch die vier kommunalen Vertreter im 20-köpfigen Aufsichtsrat stimmten zu. "Angesichts der Verluste ist eine Dividende tatsächlich nicht machbar", sagte Ernst Gerlach vom Verband kommunaler RWE-Aktionäre. 2015 machte der Konzern einen Verlust von 200 Millionen Euro. Nur die (stimmrechtslosen) Vorzugsaktionäre sollen 13 Cent je Aktie erhalten.

Dem Konzern spart die Operation Dividenden-Aus 600 Millionen Euro. Doch den 130 Städten, die zusammen 25 Prozent an RWE halten, entgehen 150 Millionen Euro. Anhaltend verärgert bleiben sie, dass der Vorstand sie darüber per Pressemitteilung informierte. Ein Teil von ihnen will nun RWE-Chef Peter Terium auf der Hauptversammlung einen Denkzettel verpassen und die Entlastung verweigern, wenngleich auch Bochum schon abwinkte. Als wahres Machtmittel bleiben die 200 Konzessionsverträge für die Durchleitung von Strom, auf die RWE dringend angewiesen ist.

Einstimmig beschloss der Aufsichtsrat auch die Führungsmannschaft für beide Konzerne, in die RWE sich aufspalten will. Danach führt (wie berichtet) Peter Terium die neue Gesellschaft, in die die Zukunftsgeschäfte Ökostrom, Netze und Vertrieb gehen. Ihm zur Seite stehen fünf Vorstände, darunter Bernhard Günther (Finanzen), Hildegard Müller (Netze) und Hans Bünting (Erneuerbare Energien).

Zum 1. April soll die neue Gesellschaft unter dem Namen "RWE International SE" in das Handelsregister eingetragen werden. Später soll ein einprägsamer Markenname gesucht werden. SE steht für Societas Europaea, europäische Aktiengesellschaft. Derzeit streiten Arbeitnehmer und Konzern noch, ob der SE-Aufsichtsrat zwölf oder 18 Sitze haben wird. Je weniger, desto weniger Einfluss haben deutsche Gewerkschaften. Konkurrent Eon hat vorgemacht, wie man per SE die Mitbestimmung ausschaltet.

Bis zum Börsengang, der voraussichtlich zwischen September und November 2016 erfolgen soll, darf Terium auch noch in Personalunion die RWE AG führen. Das war ihm wichtig. Dann übernimmt Rolf Martin Schmitz das RWE-Ruder. Der erfahrene Manager muss sich um die Problemgeschäfte Atomkraft und Braunkohle kümmern. In Anerkennung seiner Leistung bei der Neuorganisation - manche sagen, Terium rede und Schmitz liefere - verlängerte der Aufsichtsrat nun Schmitz' Vertrag bis Juni 2021. Ein pikantes Detail: Terium ist nur bis Februar 2021 bestellt. Zudem ist Schmitz als Chef der Mutter quasi Chef des Niederländers. RWE will zunächst zehn und dann 25 Prozent der Tochter an die Börse bringen.

Zu Schmitz' Aufgaben gehört es auch, beim Poker um den Atomfonds viel für RWE rauszuholen. Am Freitag waren die Chefs der vier Atomkonzerne vor der Kommission aufgetreten und hatten erklärt, dass sie kein Geld für Zahlung einer Endlager-Risikoprämie hätten. Vereinbart ist bereits, dass der Staat grundsätzlich das Endlager bezahlt und die Konzerne ihre Rückstellungen hierfür abgeben. Will der Staat jetzt mehr Geld, kommen Rating-Note und Finanzierung von RWE in Gefahr. Noch hat RWE mit BBB eine Note zwei Stufen über Ramsch-Status, doch die Rating-Agenturen haben bereits den Ausblick gesenkt.

Die Gewerkschaften, angeführt vom Vize-Chef des Aufsichtsrates, Frank Bsirske, tragen alles mit. Ihm soll Terium versprochen haben, den nächsten Jobabbau in Grenzen zu halten, heißt es. Entsprechend erklärte Terium: "Ich sehe es als vordringlichste Aufgabe an, den Trennungsprozess verantwortungsvoll zu gestalten. Dazu gehört, dass wir fair mit den Mitarbeitern umgehen, ob sie bei der RWE AG bleiben oder in die neue Gesellschaft wechseln."

(anh)
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