Scheichs vertrauen deutscher Wirtschaft

Durch den Einstieg von Hamad bin Dschassim bin Dschaber bei der Deutschen Bank fließen erstmals Gelder in großem Stil in die deutsche Finanzbranche. Die Milliarden der Araber aus dem Rohstoff-Verkauf brauchen lukrative Investments.

frankfurt/M. Der Scheich, der in Deutschland vermutlich die größte Berühmtheit erlangte, hat nie real existiert. Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah entsprang der Fantasie von Karl May und wurde später auch zum Kino-Helden deutscher Jungs. Dabei war er meist mit kaum mehr zu sehen als seinem Kamel und ein paar Waffen, schon gar nicht mit Milliarden, die er in große deutsche Konzerne hätte investieren können.

Der Scheich, der aktuell in Deutschland bevorzugte Aufmerksamkeit genießt, heißt Hamad bin Dschassim bin Dschaber. Er wird wichtigster Anteilseigner der Deutschen Bank, was Börsianer gern mit der Vokabel "Anker-Aktionär" umschreiben. Dahinter steckt die Erwartung, dass ein solcher Investor das Unternehmen auch für andere potenzielle Anteilseigner interessant machen könnte. Der Mann aus Katar zahlt über seine Investmentgesellschaft Paramount Services Holdings etwa 1,75 Milliarden Euro für knapp sechs Prozent der Anteile an Deutschlands größtem Geldhaus. Das sind 29,20 Euro pro Anteilsschein - trotz der Kursverluste etwas weniger als der durchschnittliche Kleinaktionär beim Erwerb von Anteilen über seine Hausbank zahlen müsste.

Der Scheich, der sich auch an der zweiten Tranche der Kapitalerhöhung beteiligen soll, setzt eine Tradition fort. Nicht zum ersten Mal sind arabische Investoren mit Milliardensummen in Deutschland unterwegs. Sie besaßen Anteile an großen Industriekonzernen wie Daimler und Porsche, sie sind noch heute bei VW, Hochtief und Solarworld im Boot, sie versuchen wie die Fluggesellschaft Etihad bei Air Berlin auch Einfluss auf den europäischen Luftverkehr zu bekommen. Und die Superreichen aus Abu Dhabi haben auch längst den europäischen Spitzenfußball für sich entdeckt und in großem Stil beispielsweise in die beiden Landesmeister Manchester City (England) und Paris St. Germain (Frankreich) investiert.

Das Novum im Fall Deutsche Bank besteht darin, dass die Scheichs bei ihren Investments die Finanzbranche bisher ausklammerten. Warum jetzt? "Die Bankenkrise scheint erledigt, und darum erscheint die Branche den Investoren jetzt attraktiv", glaubt Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Er könne sich gut vorstellen, dass die Araber künftig auch bei anderen Finanzkonzernen in Europa einstiegen, sagt der Aktionärsschützer. Schließlich ist Katar weltgrößter Produzent von verflüssigtem erdgas und verdient damit viel Geld. "Da suchen jedes Jahr 20 Milliarden Euro ein attraktives Investment", sagt Nieding.

Das Geld muss weg sozusagen. Und besser jetzt als später. Denn während vor Jahren beispielsweise Saudi-Arabien jeden Tag eine Milliarde Dollar aus Ölexporten einnahm, sind die Einnahmekurven huier schon flacher geworden. Beim Gas funktioniert das noch deutliuch besser. doch ob die Quellen in einigen Jahrzehnten noch so viel abwerfen wie heute, ist auch für die Scheichs nicht mehr sicher.

Wo immer sich ein (wieder) boomender Wirtschaftszweig auftut, schlagen die Araber daher zu. Aus ihrer Sicht kommt die Deutsche Bank da vermutlich gerade recht. Die Rechnung, die dahinter stecken könnte: Die Bank saugt sich mit dem Geld der Kataris voll und schafft sich einen Puffer, mit dessen Hilfe sie das Investmentbanking noch mal gewaltig anschieben könnte. Aber: "Größe garantiert noch keinen Erfolg", heißt es in der Branche. In guten Zeiten wirft das Investmentbanking eine Rendite ab, die die Bank nirgendwo sonst erzielen kann und die auch für die Scheichs durchaus attraktiv sein kann. Aber eben nur in guten Zeiten.

(RP)
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