Brüssel Schlechte Luft: Deutschland bekommt Galgenfrist

Brüssel · Im Streit mit der EU-Kommission um die schlechte Luft in Ballungsgebieten bekommt die Bundesregierung eine letzte Chance. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) wurde für den 30. Januar von EU-Umweltkommissar Karmenu Vella zum Rapport eingeladen. Eigentlich hatte die EU-Kommission bereits Ende 2017 wegen chronischen Überschreitens von EU-Grenzwerten für Stickoxide gegen Deutschland Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg einreichen wollen.

Eine Sprecherin der EU-Kommission machte deutlich, warum die Kommission erneut den Versuch einer gütlichen Einigung unternimmt: "Es geht um eine schwerwiegende und dringende Angelegenheit, und wir müssen mit den Mitgliedstaaten zusammenarbeiten, um Lösungen zu finden." Nicht nur Deutschland ist betroffen. Insgesamt hat die Kommission zehn Länder im Blick, die seit Jahren gegen die EU-Luftreinhaltungsgesetze verstoßen.

Laut einem Online-Portal verlangt die Kommission im Einladungsschreiben an Hendricks und die Fachminister der anderen neun EU-Länder, dass sie "neue verpflichtende Maßnahmen" zur Senkung der Schadstoffbelastung in den Städten vorlegen, "die bislang noch nicht kommuniziert wurden". Das heißt: Es dürfte nicht ausreichen, wenn Hendricks die Ergebnisse der verschiedenen Dieselgipfel vorträgt, bei denen Hilfen in Milliardenhöhe an betroffene Städte zum Einstieg in die E-Mobilität beschlossen wurden. Offenbar verlangt Brüssel drastische Schritte wie Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge, um sicherzustellen, dass die Grenzwerte endlich eingehalten werden.

Das Bundesumweltministerium hält sich bei der Frage nach neuen Maßnahmen bedeckt. Ein Ministeriumssprecher sagte gegenüber unserer Redaktion: "Wir werden in Brüssel unter anderem über unser neues Sofortprogramm Saubere Luft berichten, verbunden mit der Hoffnung, dass die Kommission diese Bemühungen anerkennt."

Seit Jahren rügt die Kommission Verstöße und fordert die Mitgliedstaaten auf, Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Zuletzt leitete sie sogar Vertragsverletzungsverfahren ein, unter anderem gegen Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien. In Deutschland sind 28 Städte und Regionen betroffen, unter anderem Düsseldorf. Ein Verfahren vor dem EuGH würde Jahre dauern. Bei einer Verurteilung müsste die Bundesregierung nicht nur für Abhilfe sorgen, es würden auch Strafzahlungen in unbekannter Höhe fällig.

(mgr)
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