Berlin Schon vom ersten Tag an wie alte Freunde

Berlin · Der neue französische Finanzminister richtet sich direkt an Wolfgang Schäuble, der im großen Eichensaal des Bundesfinanzministeriums neben ihm Platz genommen hat. "Wolfgang, es ist ein großes Vergnügen, mit dir zusammen zu arbeiten", sagt Bruno Le Maire im fließenden Deutsch. Mit seinem französischen Akzent hört sich das charmant an, mindestens wirkt es entwaffnend auf Schäuble.

Dabei ist es Le Maires erster Besuch in Berlin in diesem Amt. Doch Schäuble kennt den 48-Jährigen schon länger, Le Maire hatte in der Pariser Regierung schon so manches Amt inne. Le Maire und Schäuble wirken bei diesem Antrittsbesuch wie alte Freunde. In diesem Anfang liege eine "große Chance für Europa", fährt Le Maire fort.

Viel Pathos, viel Umarmungsstrategie beim Franzosen. Auch Schäuble zeigt so etwas wie Herzlichkeit. Er habe "große Freude", Le Maire zu begrüßen, man habe sich ja "schon öfters getroffen". Er sei "nicht überrascht, dass wir ein breites gemeinsames Grundverständnis haben".

Le Maire ist für Schäuble kein Unbekannter, umgekehrt gilt das ja ohnehin. Der konservative Diplomat war jahrelang im Außenministerium für die deutsch-französische Zusammenarbeit zuständig, erhielt hier 2015 das Bundesverdienstkreuz. Unter dem früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy war Le Maire von 2009 bis 2012 Agrarminister. 2014 unterlag er Sarkozy bei der Urwahl zum Chef der konservativen Partei UMP. Mitte Mai ernannte ihn der neue französische Präsident Emmanuel Macron zum Wirtschafts- und Finanzminister.

Als dessen treuer Botschafter präsentiert sich nun Le Maire in Berlin: Macron wolle Frankreich erneuern, und Europa gleich mit. Deutschland und Frankreich müssten die Steuerharmonisierung jetzt "frontal angehen". Dazu hätten er und Schäuble eine Arbeitsgruppe verabredet, die schon im Juli Vorschläge für eine gemeinsame Körperschaftsteuer vorlegen solle. Die Staaten der Euro-Zone müssten endlich ihre Wirtschaftspolitik besser koordinieren.

Le Maire nennt keine Details, aber Schäuble weiß: Macron hat hier sehr konkrete Vorstellungen. Er will etwa einen europäischen Finanzminister installieren, ein gemeinsames Euro-Zonen-Budget schaffen. Für Deutschland liegt darin immer die Gefahr, für etwas in Haftung genommen zu werden, über das Berlin am Ende keine Kontrolle mehr hat. Also schweigt Schäuble an dieser Stelle - und verrät noch nicht, was er von Macrons Ideen wirklich hält.

(mar)
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