Frankfurt/M. Schwaches Inlandsgeschäft in der Chemie

Frankfurt/M. · Lediglich der schwächelnde Euro und der niedrige Ölpreis sorgen dafür, dass die drittgrößte deutsche Industriebranche ein leichtes Umsatzplus verbuchen konnte. Verbandschef Dekkers rechnet mit einem "kraftlosen Aufwärtstrend".

Der starke Dollar und die damit einhergehende hohe Nachfrage aus dem Ausland haben der deutschen Chemie-Industrie das erste Halbjahr 2015 gerettet. Zusammen mit dem schwächelnden Inlandsgeschäft kam die drittgrößte deutsche Industriebranche nach vorläufigen Zahlen auf 96,5 Milliarden Umsatz - ein Zuwachs von 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Produktion und Beschäftigung wuchsen jeweils um ein Prozent. Die Preise gaben wegen der niedrigen Kosten für Erdöl um drei Prozent nach.

Nach Einschätzung des Verbands der chemischen Industrie (VCI) dämpft der niedrige Ölpreis derzeit vor allem die Kostenvorteile der Konkurrenz aus den Vereinigten Staaten und im Nahen Osten. Die Europäer profitieren zudem vom derzeit schwachen Euro, der Exporte erleichtert. Zweistellige Zuwächse gab es bei den Verkäufen nach Nordamerika, Lateinamerika und Asien.

"Die Halbjahresbilanz der deutschen Chemieindustrie gibt keinen Anlass zum Jubeln, aber auch keinen Grund zu Klagen", sagte VCI-Präsident Marijn Dekkers, der zugleich Vorstandschef von Bayer ist. "Alles in allem erwarten wir für die Branche in den kommenden sechs Monaten einen moderaten Aufwärtstrend." Dieser falle allerdings "kraftlos" aus. "Es fehlen nachhaltige Impulse der Weltwirtschaft", sagte Dekkers. Mit einer signifikanten Verbesserung der Geschäftslage rechne man nicht. Der Verband erhöhte aber aufgrund jüngster Preissteigerungen seine Prognose für 2015, der zufolge der Branchenumsatz um 0,5 Prozent auf 191,8 Milliarden Euro steige. Zuvor war der VCI noch von einem Rückgang um 0,5 Prozent ausgegangen. Gleichzeitig beklagte der VCI die Schwäche des Standorts Deutschland mit hohen Energie- und Arbeitskosten. Immer mehr Investitionen würden aus Kostengründen ins Ausland gelenkt - nicht nur, um weitere Märkte zu erschließen. Für die USA sprächen geringe Preise für Energie und Rohstoffe. Auch in den europäischen Nachbarländern seien die Kosten teils deutlich niedriger als in Deutschland, sagte Dekkers. Die Inlandsinvestitionen stagnierten daher seit 25 Jahren, preisbereinigt seien sie sogar gesunken. Seit 2012 investieren die deutschen Chemie-Firmen dem Verband zufolge mehr im Ausland als im Inland.

(RP)
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