Friedhofs-App und leuchtende Gullydeckel 8 Beispiele, wie in Deutschland Steuergeld verplempert wird

Berlin · Die Steuereinnahmen sprudeln seit Jahren. Was den Staat geradezu zur Verschwendung verleitet - meint der Steuerzahlerbund. Wie jedes Jahr listet er in seinem "Schwarzbuch" Fälle auf, wie die öffentliche Hand Millionen verplempert. Hier sind die extremsten Beispiele.

Schwarzbuch 2015: Extreme Fälle von Geldverschwendung
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Wie Steuergelder verbrannt werden

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Beleuchtete Gullydeckel, eine "Friedhofs-App" für eine halbe Million Euro oder Oktoberfest-Ausflüge für ausländische Spione - der Staat vergeudet aus Sicht des Steuerzahlerbundes weiter Geld für zweifelhafte Projekte. Die stark steigenden Steuereinnahmen verleiteten die Politik, falsche Prioritäten zu setzen, kritisierte Verbands-Präsident Reiner Holznagel am Mittwoch in Berlin. "Unser Steuergeld wird oft für nebensächliche Dinge ausgegeben", sagte er bei der Vorlage des aktuellen "Schwarzbuches".

Besonders anfällig für öffentliche Verschwendung seien Misch- und Kofinanzierungen, wenn staatliche Ebenen - Bund, Länder, Kommunen oder EU - Projekte gemeinsam finanzieren. Ob Bundesfernstraßen, Personennahverkehr oder Bildung und Forschung: Mischfinanzierte Projekte förderten die Verschwendung, weil sie nicht aus einer Hand geplant, umgesetzt, bezahlt und kontrolliert würden. Beispiele für fragwürdige und teils skurrile Fälle aus dem "Schwarzbuch":

  1. Leuchtende Gullydeckel. Mit illuminierten Kanaldeckeln in einem Verkehrskreisel habe das niedersächsische Wallenhorst Glanzlichter setzen wollen. Für die 10.000 Euro teure Lichtinstallation habe es aber vor allem Spott gegeben. Das Licht habe so schwach geleuchtet, dass schnell der Name "Glühwürmchen-Kreisel" geboren worden sei.
  2. Friedhofs-App. Das Kulturstaatsministerium fördere eine Friedhofs-App. Mit Hilfe des Smartphones könnten sich Nutzer mehr als tausend Gräber berühmter Persönlichkeiten anschauen - eine Art Friedhofs-Sightseeing. Die neue App habe viele schlechte Bewertungen im App-Store erhalten. Kosten: 548.000 Euro Steuergeld.
  3. Oktoberfest für Agenten. Das größte Volksfest der Welt - das Münchner Oktoberfest - ziehe auch Spione aus aller Welt an. Dafür sorge der Bundesnachrichtendienst (BND), der alljährlich - bis auf 2011 - seine Auslandskollegen auf Steuerzahlerkosten auf die Wiesn einlade. Wie viele Spionagekollegen regelmäßig in den Genuss kämen, wolle die Bundesregierung nicht beantworten. Fest stehe nur, dass bis zu 50 Euro Bewirtungskosten je Gast anfielen. In Ausnahmefällen würden auch Beherbergungskosten übernommen. Die Rechnung übernehme der BND.
  4. Fußballstadion für Viertligisten. Für den mittlerweile in der 4. Liga spielenden Fußballverein SSV Jahn Regensburg habe die Stadt ein neues Stadion, die "Continental Arena", für mehr als 50 Millionen Euro errichtet. Zwar soll ein Teil der Kosten durch Einnahmen aus dem Verkauf der Namensrechte, aus Mieteinnahmen sowie aus Einnahmen aus der Parkplatzbewirtschaftung gedeckt werden. Trotzdem meint der Steuerzahlerbund: "Das neue Regensburger Fußballstadion ist ein millionenteures Pres­tigeprojekt zu Lasten der Steuerzahler."
  5. Bundeswehr-Reklame. Um Frauen für die Bundeswehr zu begeistern, habe das Verteidigungsministerium 344.000 Euro in eine Kampagne investiert. Die Botschaft habe aber Kritik ausgelöst, denn die Werbeplakate hätten Frauen klischeehaft vor einem Kleiderschrank oder beim Anziehen ihrer Schuhe gezeigt. Daraufhin habe das Ministerium die Internetseite deaktiviert und Anzeigen angepasst.
  6. Duisburger Hafen. Bevor im Duisburger Innenhafen die Gebäude fertig waren, sei bereits eine Stufenpromenade gebaut worden. Um die ungenutzte Stufenpromenade nun gegen Wind und Wetter zu schützen, sollen laut Steuerzahlerbund 550.000 Euro ausgegeben werden.
  7. Radweg in Hamburg. In der Hamburger HafenCity solle ein Radweg, der erst vor drei Jahren auf dem Bürgersteig gebaut worden sei, für 444.000 Euro auf die Straße verlegt werden. Bäume müssten umgepflanzt, Leuchten versetzt und die Entwässerung angepasst werden.
  8. Kölner Philharmonie. Wenn in der Kölner Philharmonie die Musiker proben oder vor Publikum spielen, werde der Heinrich-Böll-Platz über der Philharmonie gesperrt. Denn wegen mangelhafter Schallisolierung vergrätzen Skater oder Fußgänger Musikern und Zuhörern den Kunstgenuss. Die Bewachung verschlinge jedes Jahr rund 100.000 Euro. Abhilfe sei seit gut 15 Jahren noch immer nicht in Sicht. Inzwischen dürften die Kosten bei mindestens 1,67 Millionen Euro liegen.
(dpa)
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